2024 ist so gut wie rum, und es ist an der Zeit für meinen traditionellen Jahresrückblick. Nicht, dass ich vorhätte, dem Jahr viele Tränen nachzuweinen, aber ein paar Anmerkungen will ich mir schon noch gönnen. Es ist ein Jahr, in dem ich kaum gebloggt habe, und deswegen muss ich alles, was ich da nicht geschrieben habe, jetzt irgendwie in meinen Rückblick quetschen. Vor allem aber war es ein Jahr im Schatten – psychisch, weil ich es über weite Strecken des Jahres nicht aus dem Haus geschafft habe, und schreibtechnisch, weil es mir nicht gelungen ist, die überragende Leistung von 2023 zu wiederholen oder gar zu überbieten.
Aber es war kein grundsätzlich verlorenes Jahr. Ich habe auch Dinge geschafft, auf die ich stolz sein kann und das auch bin. Erstmal habe ich gar nicht so wenig geschrieben. Auch wenn es unterm strich nur halb soviel war wie 2023, waren das immer noch um die 300.000 Wörter. Allein im Nanowrimo habe ich 140.000 Wörter geschrieben und damit meinen persönlichen Rekord deutlich übertroffen. Das hat mich dann doch sehr dafür entschädigt, dass ich im Mai aus dem Schreibfluss geraten bin und von Juli bis Oktober überhaupt nicht mehr geschrieben hatte: Zum Ende des Jahres habe ich mir bewiesen, dass ich es doch noch kann, und so gehe ich nun guter Hoffnung ins neue Schreibjahr.
Auch psychisch habe ich Fortschritte gemacht. Vielleicht klingt es nur wie eine Kleinigkeit, aber für mich war das ein Meilenstein: Seit dem Herbst verlasse ich wieder das Haus. Fast zwei Jahre habe ich dort festgesessen, mich nicht über die Schwelle gewagt, und auch die Veröffentlichung von »Die vierte Wand«, in dem ich genau das thematisiert habe, hat da keine Wunder gewirkt. Aber im Laufe des Jahres habe ich meinen Mut zusammengenommen, und dass mir meine Nervenärztin ein Mittel gegen Angststörungen verschrieben hat, hat da sicher einen nicht zu verachtenden Anteil dran: Jetzt kann ich wieder am Leben teilnehmen. Ich gehe wieder zum Aquarellkurs und zum Gesangsunterricht, ich kann eigentständig einkaufen gehen, und im neuen Jahr will ich sogar wieder mit dem dringend nötigen Sport anfangen. Das war ein großer Sieg.
Was ich 2024 ebenfalls zurückgewonnen habe, ist meine Freude am Lesen. Die hatte ich über einen langen Zeitraum eingebüßt – zwölf, dreizehn Jahre lang habe ich praktisch gar nichts mehr gelesen, vielleicht ein, zwei Bücher im Jahr. 2024 waren es nicht weniger als fünfzig, das ist im Schnitt fast ein Buch pro Woche. Nicht alle haben mich überzeugen können, Bücher sind immer auch Geschmackssache, aber unterm Strich habe ich das Lesen genossen. Ebenfalls genossen habe ich, im Anschluss an eine beendete Lektüre eine Rezension für mein wiederbelebtes Buchblog Bibliophilis.de zu veröffentlichen. Auch diesen Schwung will ich ins neue Jahr mitnehmen – ich merke, dass mir ohne Lesen doch etwas gefehlt hat, und es kommen immer noch so viele tolle neue Sachen raus, dass ich kaum hinterherkommen kann.
Veröffentlichungstechnisch blicke ich auf zwei neue Bücher zurück, die 2024 das Licht der Welt erblickt haben. Im Juli ist bei Oetinger »Die vierte Wand« erschienen, gegen Ende des Jahres dann erst exklusiv bei Thalia, dann überall erhältlich bei dotbooks, »Die Schatten von Owls End«, mein Nanowrimo-Roman von 2020. Und damit es mit den Veröffentlichungen auch in Zukunft weitergeht, habe ich einen Vertrag für das nächste Kinderbuch unterschrieben, das voraussichtlich Anfang 2026 bei Oetinger erscheinen soll: »Die verborgenen Bilder«, so der Arbeitstitel, wird eine ausgesprochen politische Zeitreisegeschichte, die zwischen der Jetztzeit und 1928 pendelt und vor der ich einen gehörigen Respekt habe. Das Buch, basierend auf einer Idee von 2010, muss ich erst einmal schreiben, und so wird mich auch das im neuen Jahr bis zum Sommer, wo ich das Manuskript abgeben muss, begleiten.
Bedingt durch das im Vergleich zum Vorjahr geringere Schreibpensum habe ich an nicht ganz so vielen Büchern geschrieben wie noch 2023. Aber was ich habe, darauf bin ich stolz. Ich habe den sechsten Band der »Chroniken der Elomaran«, Arbeitstitel »Himmelsgrund«, in Angriff genommen, und auch wenn ich mit dem Buch nicht so viel weitergekommen bin, wie ich das geplant hatte, bin ich doch zufrieden mit dem, was ich habe. Die ganz große Katastrophe, die da meine Welt heimsuchen wird, ist noch ausgeblieben, die nehme ich mit nach 2025, dann aber richtig: Im kommenden Februar feiert diese Geschichte ihren 25. Geburtstag, das will ich feiern und zusehen, dass der sechste Band vielleicht sogar fertig wird. Aber immerhin wird sich, das habe ich fest eingeplant, der Abgrund erheben. Drunter tu ich es nicht.
Dann gab es ein Wiedersehne mit meiner heißgeliebten »Traumstadt«, an der ich inzwischen auch schon seit acht Jahren schreibe. Ich hänge so sehr an der Geschichte, dass ich mir nie erlaubt habe, sie zu einem Ende zu bringen: Ich weiß, dass mir dann etwas fehlen wird, so wie ich damals traurig war, als die »Gauklerinsel« fertig war. Trotzdem, nach acht Jahren kann man langsam loslassen, und auch wenn die »Traumstadt« auch 2024 noch nicht fertiggeworden ist, habe ich große Fortschritte mit der Geschichte gemacht, habe sie als Zweiteiler konzipiert und will mir 2025 erlauben, sie fertigzuschreiben. Nachdem ich den perfekten Cut für den ersten Band, der nun »Im Bann des Silbers heißt, gefunden habe, bin ich jetzt zu ca. 40% fertig mit dem zweiten Teil, »Jenseits der Libellengärten«.
Weil ich letztes Jahr so großen Erfolg mit der Wiederbelebung der totgeglaubten Elomaran hatte, gab es auch 2024 einen Fall literarischer Nekromantie: Ich habe »Die Kinder des Hauses Otrempa«, die ich im Nanowrimo 2013 vor die Wand geschrieben habe, wieder ausgegraben, nochmal komplett von vorne angefangen, und festgestellt, dass die ursprünglich für Erwachsene konzpierte Geschichte ein tolles Kinderbuch ab zwölf abgibt, und das hat mir frischen Wind und eine neue Perspektive für diese eigentlich schon offiziell zu Grabe getragene Geschichte gegeben. Ich weiß nicht, ob ich das Buch schon 2025 fertigbekomme, aber ich denke, das Buch ist jetzt auf einem guten Weg.
Habe ich 2024 denn überhaupt etwas fertiggestellt? Ja, ein Buch, dank Nanowrimo: Da habe ich am 1. November mit der Arbeit an meinem magischen Jugendbuch »Dreamland Park« angefangen und das Buch am 30. November erfolgreich abgeschlossen. Natürlich muss ich da noch einiges dran überarbeiten, ehe es auf Verlagssuche gehen kann, es enthält einen unschönen Bruch, den ich noch kitten muss – aber dieses Buch, das einen mysteriösen Freizeitpark und eine queere Liebesgeschichte mit einer sehr ernsten Hintergrundgeschichte kombiniert, ist etwas ganz besonderes geworden, und ich hoffe, das werden auf die Dauer auch andere so sehen. Der Agentin hat es schon mal gefallen, und das bedeutet mir eine ganze Menge.
Mein anderer Nanowrimo-Roman – unter zweien tu ich es ja nicht – ist nicht fertiggeworden und steht auch erst einmal ohne Plot da, aber ich habe immerhin stolze 70.000 Wörter an meinem neuen historischen Gaslichtroman »Das Haus der weißen Masken« zustandegebracht. Das Buch, angesiedelt 1880, erzählt die Geschichte der nervenkranken Ethel, die mit ihrem Ehemann Reuben eine Scheinehe führt: So kann er seine Homosexualität verstecken, während sie versorgt ist und ihr Leben nicht in einer Nervenheilanstalt verbringen muss. Als sie ein geheimnisvolles altes Haus in Wiltshire erben, zwei halbwüchsige Kinder inklusive, kann Ethel bald nicht mehr unterscheiden zwischen Wahn und Wirklichkeit. Geht es in Mardol House um, oder sind es nur Ethels Psychosen, die ihr da etwas einreden? Ich weiß gerade nicht, wie das Buch ausgehen soll, und lasse es erst einmal liegen, aber es läuft mir ja nicht weg.
Und das war es dann auch schon, im Großen und Ganzen, was ich 2024 geschrieben habe. Gar nicht so wenig. Vor allem gar nicht so schlecht. Und auch wenn ich nicht ganz so stolz aus dem Jahr gehe, wie ich es 2023 getan habe, denke ich doch, dass ich zufrieden auf das Jahr zurückblicken darf. 2025 kann kommen. Und meine Pläne – die ich in den nächsten Tagen im üblichen Jahresausblick aufdröseln werde – sind so hochtrabend wie eh und je. Es war ein Jahr im Schatten. Aber dafür gab es doch eine nicht zu verachtende Menge Licht.