Wenige Wochen, nachdem ich wieder mit dem aktiven Bloggen angefangen und meine Liste der in diesem Jahr hoffentlich fertigzustellender Bücher vorgestellt habe, kann ich jetzt den ersten Erfolg vermelden: Endlich mal wieder ein »Ende« unter dem Manuskript. Nur ist es nicht das Manuskript, auf das Leser, Agentin und Verlag warten. Keine Sorge, ich komme gut voran mit meinem »Gefälschten Land« (abgesehen von einem blöden Plotloch, das sich in den letzten Tagen aufgetan hat), aber fertig sind jetzt trotzdem erst einmal die »Stadtkinder«.
Und das ist insofern gut, als dass dieses Buch schon im Sommer 2019 so gut wie fertig war und dann noch mal anderthalb Jahre gelegen hat, weil ich nicht wusste, wie ich den Schluss gestalten sollte. Kein neues Phänomen bei mir: Das hatte ich schon bei »Geisterlied«, das war so beim »Glasaugenhaus« – wenn ich den Luxus habe, dass niemand auf ein Buch wartet und keine Deadline dran hängt, ist mir wichtiger, dass der Schluss rundum gelungen ist, als das Buch um jeden Preis fertigzubekommen. Nur ohne den Druck, dass jemand auf das Buch wartet, fehlt mir dann auch oft die Motivation, mich überhaupt wieder damit auseinanderzusetzen …
»Stadtkinder«, ein Buch, das im Nanowrimo 2017 begonnen wurde, ist ein dystopisches bzw. postapokalyptisches Jugendbuch und das erste, bei dem ich mich an so ein Setting herangewagt habe. Schauplatz und eigentliche Hauptfigur ist die Stadt, ein denkendes, fühlendes Wesen, das nach zu viel Krieg und Zerstörung den Verstand verloren hat. Täglich baut sie sich neu auf oder um, lässt ganze Straßenzüge aus dem Boden wachsen oder reißt sie wieder nieder, und wenn sie dazwischen einen Menschen findet, wird der erstmal in Sicherheit gebracht, dorthin, wo ihm niemals wieder etwas passieren kann und ihn niemand wieder findet.
Während die Bevölkerung, überzeugt, dass draußen immer noch ein furchtbarer Krieg tobt, im Untergrund haust, in der alten Kanalisation und den Schächten der U-Bahn, kümmern sich eine Handvoll Jugendlicher, die sich unbehelligt durch die Stadt bewegen können, um die Versorgung der Leute: In den neugewachsenen Häusern finden sie Lebensmittel und andere überlebendwichtigen Dinge, die sie Tag für Tag wie brave Ameisen in ihren Bau schleppen. Mitten dazwischen: die Freunde Cadren und Esh, die in der sich ständig neu erfindenden Stadt nach ihrer eigenen Identität suchen.
Esh ist schuld daran, dass ich ausgerechnet jetzt dieses Projekt aus der Schublade gezogen und zu einem Abschluss gebracht habe. Ich hatte schon vorher viele Figuren aus den unterschiedlichsten Schattierungen des LGBTQ-Spektrums, aber Esh ist der erste Transgender, mit dem ich gearbeitet habe, und seine Geschichte hat mir tatsächlich sehr geholfen, meine eigene sexuelle Identität zu verstehen. Esh ist nicht ich, er hat mit Gender Dysphoria zu kämpfen, womit ich keine Probleme habe, aber sein Hauptproblem hat nichts mit seiner Sexualität zu tun, sondern damit, dass seine eigene Bande ihm nicht mehr vertraut, nachdem er seine Freundin mit nach oben genommen hat und ohne sie zurückgekommen ist, und verkorkst wie er ist, nicht sagen mag, was passiert ist.
Überhaupt hat das Buch tolle, komplexe Figuren, auch Cadren ist klasse, aber mein eigenes Coming Out hat Esh und seine Geschichte jetzt wieder hochgeholt, und während ich im Bett lag und nicht schlafen konnte, ist mir plötzlich die Idee gekommen, wie ich meinen Plot auflösen kann, so das es für alle Hauptfiguren auf die eine oder andere Weise positiv ist (sie haben das verdient), ohne dabei zu verlogen daherzukommen. Zwei Wochen lang habe ich also parallel an meinen Fälschern und den Stadtkindern gearbeitet, und während die Fälscher zwar schnurstracks auf ihr Ende zusteuern, aber noch nicht ganz angekommen sind, kann ich für die »Stadtkinder« jetzt stolz Vollzug melden.
Viele Bücher sollen in diesem Jahr fertig werden und den Hattrick, den ich 2011 geschafft habe, komplett in den Schatten stellen – das war also das erste. Weiter geht es nun also mit dem »Gefälschten Land«. Und ich denke, da wird niemand mehr allzu lang drauf warten müssen.