Es ist bis jetzt schreibmäßig nicht so gut gelaufen in diesem Jahr. Der Start war gut, ungefähr so lange, bis Mitte Februar das Haus in unser Leben getreten ist, und danach war es schwer, noch an andere Dinge zu denken, allem voran das Schreiben. Und schon rächt sich das: Es ist Juli, das halbe Jahr ist rum, und ich habe noch nicht einmal ein Viertel meines Jahresziels geschafft. Vor allem aber ist es bald zwei Jahre her, dass ich zuletzt einen Roman fertiggestellt habe, ich sitze auf nicht weniger als elf Baustellen, und es ist wirklich an der Zeit, endlich wieder das magische Wörtchen »Ende« zu schreiben. Also, warum nicht gleich dreimal? Über einen Mangel an Größenwahn habe ich mich noch nie beschweren können. Also, hier ist mein Ziel für den Monat Juli: Ich schreibe drei Romane fertig.
Es ist naheliegend. Ich muss einen Monat lang wirklich Wörter rausholzen, will ich noch eine Chance auf mein Jahresziel haben. Normalerweise würde ich auf den November setzen, im Nanowrimo habe ich schon wahre Großleistungen vollbracht, aber dieses Jahr sollte ich mich ausgerechnet darauf nicht verlassen. Wir kaufen unser Haus im Herbst – wenn alles glatt geht, Anfang September – und dann werde ich erst einmal mit Renovierung eingespannt sein und nicht die Zeit haben, acht Stunden am Tag zu schreiben. Warum also nicht jetzt, im Juli? Hunderttausend Wörter klingen gut. Hunderttausend habe ich auch schon früher geschafft. Und wenn ich vier Bücher zur Auswahl habe, werde immer für mindestens eines davon Ideen haben. Der eigentliche Größenwahn beginnt mit dem Beschluss, dass von diesen vier Büchern nícht weniger als drei in diesem Monat fertig werden sollen.
Es ist ja nicht so, als ob ich die letzten anderthalb Jahre lang überhaupt nichts getan hätte. Ich habe sicher zu viele neue Werke angefangen und zu wenige alte fertiggestellt, aber ich habe an allem immer mal wieder gearbeitet, und langsam aber stetig nähern sich die Bücher dann auch ihrem Ende. Es ergibt sich, dass drei davon gerade ziemlich fällig sind. Da wäre als erstes Geisterlied. Das muss jetzt wirklich mal etwas werden. Angefangen im November 2008, nach drei Jahren Pause weitergeschrieben im November 2011, muss es fertigwerden, bevor die nächsten drei Jahre rum sind. Vor allem, weil es seit drei Jahren bei ca. 75% steht – und nur, weil ich mit einer besonders dramatischen Szene nicht weiterkam, wieder so lange liegengeblieben ist. Diese Szene ist jetzt fertig, die Klippe umschifft, das Ende kann kommen, und unser Zeitplan sieht vor, das Buch im nächsten Jahr fertig und blitzblank überarbeitet auf der Jugendbuchmesse in Bologna anzubieten. Das ist Motivation genug, aber vor allem liebe ich diese Geschichte sehr und habe es immer bedauert, sie scheibar vor die Wand geschrieben zu haben.
Kandidat zwei ist Unterm Laub. Eigentlich hat dieses Buch noch nicht so viel Grund, fertig zu werden, denn es ist der vierte Band meiner Reihe um den Geisterphotographen Percy, und der dritte Band ist noch lange nicht komplett. Aber die Geschichte aus den Füßen zu haben wäre wirklich schön, schon weil ich mich dann hochkonzentriert endlich auf das dritte Buch stürzen kann, das im Moment bei so ungefähr einem Viertelchen herumdümpelt. An Unterm Laub fehlen noch, grob überschlagen, fünf Kapitel, und es wäre sicher schöner, wenn ich auch schon den ganzen Plot im Kopf hätte, aber der Appetit kommt beim Essen und der Plot beim Schreiben, so hat das bei mir schon oft genug funktioniert, und ich habe zumindest die groben Anhaltspunkte. Nur meine Recherchen können mir noch einen Strich durch die Rechung machen – sie können sehr zeitintensiv sein, vor allem, wenn ich auf Dritte angewiesen bin, weil meine eigenen Quellen nicht mehr ausreichen. Trotzdem, ich versuche es. Nachdem ich schon so weit bin, schaffe ich den Rest auch noch.
Der dritte Roman für meinen Hattrick-Versuch ist auf der einen Seite der aussichtsreichste Kandidat – da fehlen noch noch drei Kapitel, dann bin ich fertig, fertig, fertig – auf der anderen Seite aber, was das Wort »Ende« angeht, ein bisschen gefudelt. Ich schreibe nicht Schattenklingen im Juli fertig. Ich schreibe das erste Buch von Schattenklingen im Juli fertig, den ersten Teil einer Trilogie. Es wird nicht mit einem ganz üblen Cliffhänger enden, wie ich es mit anderen Büchern schon geschafft habe, aber doch alles andere als mit einem abgeschlossenen Plot – ich schließe nur einen Handlungsbogen und erkläre das Buch für fertig. Danach kann ich direkt im fliegenden Wechsel mit Band Zwei weitermachen, so dass ich die Geschichte nicht von meiner Baustellenliste streichen kann, aber auch der erste Band einer Trilogie ist ein Buch, und wenn es dann auch noch Die steinerne Amsel, ein besonders schönes.
Nach fünf Tagen Hattrick-Versuch liege ich gut im Rennen, habe zwei Kapitel fertig und denke, dass ich es wirklich schaffen kann. Und selbst, wenn es keine hunderttausend Wörter werden – es ist mir zumindest gelungen, die Blockade im Kopf wieder zu sprengen, jeden Tag zu schreiben, und zu wissen, dass jedes Buch irgendwann einmal fertigwerden kann.