Ich bin im Moment arbeitslos, aber so betrachte ich das eigentlich nicht. Statt dessen sehe ich mich als Berufsautorin, der nichts mehr fehlt als ein Buchvertrag, und ich hoffe, dass mein Puppenzimmer mir helfen wird, den entscheidenden Schritt zu tun. Aber es hätte auch anders gehen können. Vor ein paar Tagen fand ich eine Stellenausschreibung – die Firma Filmpool, für die ich vor neun, zehn Jahren als freie Autorin tätig war und Scripte für Richterin Barbara Salesch und Das Familiengericht geschrieben habe, sucht gegenwärtig Autoren. Nicht so wie ich damals, freie Mitarbeiter, die von zuhause aus ein Script pro Woche abliefern, sondern in Festanstellung zum Einsatz vor Ort in Hürth. Sogar die Dienste des Hauseigenen Masseurs werden angeboten, und mehrere Tage lang war ich fest entschlossen, mich dort zu bewerben – ich rechnete mir keine schlechten Chancen aus, da ich ja schon verschiedene Arten von Erfahrung mitbringe, und hatte schon ein Porftfolio an Arbeitsproben zusammengestellt. Konkret ging es um Arbeit an verschiedenen ‚Scripted Reality‘-Formaten – Sendungen wie Familien im Brennpunkt oder Verdachtsfälle – Telenovelas und Daily Soaps.
Am Ende habe ich dann entschieden, mich nicht zu bewerben. Zum einen, weil ich nicht in Vollzeit arbeiten kann, nicht einmal als Autorin, und weil ich bis Hürth doch anderthalb Stunden unterwegs bin. Aber vor allem, weil ich es nicht mehr mit mir und meinem Gewissen vereinbaren kann, so einen Müll zu schreiben. Nichts gegen Schund, nichts gegen Seifenopern und Telenovelas, aber ich will kein Teil der Scripted Reality-Maschinerie sein, Sendungen, die von vielen Zuschauern für Bahre Münze genommen werden. Ich will kein Leutebescheißer sein. Das Schreiben ist etwas, das ich liebe, und ich will, dass es auch so bleibt. Selbst meine Gerichtsshow-Scripte haben sich irgendwann so schmutzig angefühlt, dass ich sie wie Prostitution empfunden habe – was ich heute mit »Ich war jung und brauchte das Geld« erklären kann. Aber Hauptberuflich? Vierzig Stunden die Woche? Ich weiß, dass der erste Monat, das erste Vierteljahr sicher großen Spaß gemacht hätte – und dann spätestens die Ernüchterung eingetreten wäre. Ich kann nicht auf der einen Seite mich stolz damit brüsten, dass sich meine Romane dem Mainstream verweigern und dann meine Schreiberei so dem schnöden Mammon opfern. Kein Masseur der Welt ist mir wert, mein Gewissen zu ruinieren. Da nehme ich lieber die Low Road, bleibe arbeitslos und hoffe auf den großen Griff. Und kann mich selbst noch im Spiegel sehen.