Ich glaube, ich schau zuviel Fernsehen. Was heißt glauben? Ich weiß das. Aber wenn ich mit Lichtland fertig bin, weiß es die ganze Welt, so schamlos, wie ich mich offenbar bei meinen Lieblingssendungen der letzten Zeit bediene. Ich mache ja keinen Hehl daraus, daß ich mich bei der Figur des Shen sehr habe von einem Animecharakter habe inspirieren lassen – dem Medizinhändler aus der Serie Mononoke (mit dem Film Prinzessin Mononoke nicht verwandt und nicht verschwägert). Immerhin, ich habe dessen totschickes Kopftuch ersetzt durch einen breitkrempigen Hut, und Shen hat seinen eigenen Charakter und auch seinen eigenen Kopf, und alle Szenen, in denen er bis jetzt aufgetreten ist, erwärmen mir schier das Herz. Seit Morren in Eine Flöte aus Eis hatte ich keinen Charakter von so ultimativer Coolness mehr. Ich genieße jeden Satz, den ich ihm in den Mund legen darf. Schade, daß er grundsätzlich nicht soviel redet…
Aber zurück zum Fernsehen. Mononoke kennt hierzulande ja keiner. Aber ich schau ja nicht nur Anime. Und daß ich jetzt die Halle der Hüter komplett mit Salz ausgestreut habe – eine zentimeterdicke Salzschicht, wozu kleckern, wenn man auch klotzen kann? – entstammt wohl der Tatsache, daß ich beim Schreiben Supernatural geschaut habe. Ja, so ein Laptop ist schon praktisch, man kann fernsehen und gleichzeitig arbeiten… Salz hilft gegen böse Geister und Dämonen, auch der obenerwähnte Medizinhändler schaufelt schon mal ein paar Kilo davon durch die Gegend, wenn es darum geht, einen Bannkreis zu ziehen. Ich will aber nicht nur klauen, bei mir funktioniert das also etwas anders: In die Salzschicht hinein zeichne ich meine Bannkreise, die nur verhindern sollen, daß das, was drin sitzt, fliehen kann. Den Rest macht das Salz. Kreaturen der Dunkelheit, deren Körper und Seele vom Tien durchzogen sind, werden von Salz verbrannt. Funktioniert wie eine Hexenprobe ohne Wasser. Ich habe richtig Spaß daran, meinen armen Shen, nackt bis aufs Hemd, in diesen Bannkreis zu packen. Ach, er hat mir so leid getan! Aber zum Glück passiert ihm ja nichts.
Und wo kommt nun das ganze Salz her, das mir heute soviel Freude bereitet hat? Ganz einfach. Gestern abend fehlten mir noch irgendwie hundert Wörter, ich wußte aber noch nicht, wie ich das Bannritual anstellen sollte und mußte mir also irgendwas anderes aus den Fingern saugen. So wurde es eben eine nähere Beschreibung der Halle der Hüter, und weil sie auch für mich größtenteils noch die Halle des Blah ist und mir beim besten Willen nichts einfiel zu ihren spitzwinkligen Säulen und der hohen Decke, zumindest nichts für hundert Wörter, mußte dann eben der Fußboden herhalten. Nomi ist sowieso ein sehr bodennaher Charakter. Liebevoll beschrieb ich die Salzschicht, und wie die armen Akoluten einmal die Woche fegen und neustreuen müssen, und eh ichs mich versah, hatte ich zweihundert Wörter nur über dieses Salz greschrieben. Und heute verdanke ich ihm mein ganzes Tagespensum.
Ach, wenn es wieder Winter wird und friert, und mir die Räumung des Bürgersteigs obliegt, dann werde ich in diesem Jahr mein Salz mit ganz besonderer Hingabe streuen. Denn immerhin sind wir dann geschützt vor bösen Geistern und Dämonen, und auch vor Kreaturen der Dunkelheit. Zumindest wenn sie barfuß gehen.