Nicht alles, was ich auf meinen Romanfriedhof hinaustrage, ist auch wirklich schon mausetot, mumifiziert, kaputt. Manches ist dabei, da denke ich, eigentlich zuckt das ja noch – und dann geht mir auf, dass ich seit zehn Jahren nicht mehr daran geschrieben habe und auch schon genauso lange keinen Plan mehr, wie es weitergehen sollte, und dann ist es doch an der Zeit, mich in Trauerkleidung zu werfen und das Projekt zu Grabe zu tragen. Es muss ja nicht für immer sein. Das Schöne an einem Romanfriedhof ist ja, dass die dort liegenden Werke die Möglichkeit haben, ins Leben zurückzukehren, mit verändertem Vorzeichen oder völlig ausgeschlachtet.
Bei dem Buch, auf dessen Grabstein ich heute mein Rampenlicht richten möchte, habe ich ein bisschen die Hoffnung, dass es irgendwann noch einmal aufwachen könnte. Aber anders als bei den »Chroniken der Elomaran«, wo ich nach zwölfjähriger Pause einfach weiterschreiben konnte, als wäre ich nie weggewesen, werde ich hier, wenn, bei Null anfangen müssen. Denn das, was ich da 2013 zu Papier gebracht habe, ist nichts, was ich jemals irgendwie im Druck sehen möchte, so problematisch ist der vorliegende Text in weiten Teilen.
Angefangen hat alles im November 2010 mit einem Traum. Manchmal habe ich da – einen Traum, so intensiv, so plotreich, so ausgefeilt, dass ich das Gefühl habe, einen Roman zu träumen oder im Traum selbst eine Figur in einem Roman zu sein.… Weiterlesen