Autorenstimmen II

Wenn es eine Sache gibt, die ich wirklich immer gerne tue, ist das Vorlesen. Ich habe meinen Geschwistern vorgelesen, als sie noch kleiner waren und sich über Gute-Nacht-Geschichten freuten, und als sie und ich älter wurden, habe ich andere Ausreden gefunden, ihnen vorzulesen – vorzugsweise die Bücher, die ich selbst gerade mit Begeisterung gelesen hatte. Ich erinnere mich noch zu gut, wie ich meiner Schwester »Das letzte Einhorn« in Gänze vorgelesen habe, und weiß bis heute nicht, ob sie mich nur zu lieb hatte, um Nein zu sagen, oder ob sie da genauso viel Spaß dran hatte wie ich selbst.

Aber das reichte mir nicht. Ich wollte immer theaterspielen, aber die Theater-AG meiner Schule war so elitär, dass man ohne persönliche Empfehlung noch nicht mal zum Vorsprechen durfte, und so blieb mir das Vorlesen als nächstbeste Sache. Als ich so sechzehn, siebzehn Jahre alt war, nahm ich meinen Mut zusammen und marschierte ins Altersheim meiner münsterländischen Heimatstadt, wo ich erklärte, dass ich gern den alten Leuten vorlesen würde. Egal was sie hören wollten, ob Rosamunde Pilcher oder Agatha Christie, selbst Konsalik hätte ich angefasst, solange man mich nur vorlesen ließ. Die Frau an der Rezeption notierte sich meine Telefonnummer, ich ging nach Hause – und hörte nie wieder etwas davon.… Weiterlesen

Sir Terry, die Spanische Inquisition, und ich

Heute vor sechs Jahren starb einer der größten Schriftsteller, die ich jemals die Freude hatte zu lesen, Sir Terry Pratchett – ein Mann, dessen warmherzige Philosophie mich zutiefst berührt hat und dessen Humor mich in einer vollbesetzten S-Bahn vor Lachen fast hat ersticken lassen. Es war bekannt, dass er an Alzheimer erkrankt war, doch sein Tod kam unerwartet und hat mich kalt erwischt.

Es war während der Leipziger Buchmesse, ich saß mit einigen anderen Tintenzirklern beim gemütlichen Abendessen, als die Nachricht reinkam und plötzlich alles ganz still wurde. Seitdem sind viele Leute gestorben, auch viele Autoren, aber es ist Sir Terrys Tod, der mir immer noch am nahesten geht. Terry Pratchett hat mein Leben durch mehr verändert als nur durch seine Bücher, und das hängt zusammen mit der Spanischen Inquisition.

Im März 2001 war Pratchett in Köln, im Rahmen der LitCologne trat er im Gürzenich auf. Die Karten waren fast sofort ausverkauft, und ich habe keine mehr bekommen, aber am Tag vor der Lesung bekam ich einen Anruf von einer Freundin – ich wäre doch ein Pratchett-Fan, ob ich Interesse hätte, auf die Veranstaltung zu gehen? Ihr Bruder hatte eine Karte, war aber verhindert, und für zehn D-Mark könnte ich seine Karte haben.… Weiterlesen

Autorenstimmen

Worauf ich mich besonders freue am Irgendwann-doch-mal-veröffentlicht-sein, ist das Geld. Nicht mal das Geld, das ich dann damit verdiene – das kann ich auch jeden Tag als Bibliothekarin, und vermutlich mit einem besseren Stundenlohn – sondern das Geld, das andere Leute dann für meine Werke zu zahlen bereit sind. Was für ein Unterschied zu jetzt, wo ich mich und meine Geschichten anpreisen muß wie Sauer Bier, um ab und zu mal einen Leser zu finden! Aber veröffentlichte Autoren liest man für Geld, und man hört ihnen zu. Das ist vielleicht das Beste: Autorenlesungen. Andächtige Bewunderer füllen den Saal, alle Augen liegen auf dem Autor, ein letztes Räuspern, ein erster Applaus, und dann erhebt er die Stimme…

Letzten Donnerstag hatte ich das Vergnügen, die allererste Autorenlesung meiner Freundin Grey, die mit der Blutgabe, zu besuchen. Es war vielleicht ein bißchen wahnsinnig, an einem Donnerstagnachmittag nach der Arbeit von Aachen nach Bielefeld und zurpck zu fahren, und das auch noch mit einem Partner, der am anderen Morgen die Frühschicht hat, aber es hat sich allemal gelohnt. Schön, stimmungsvoll, und Gummivampire gab es auch noch – und die Lesung habe ich genossen, wenn es auch ein bißchen schade war, daß Grey eine Szene vorgelesen hat, die ich nicht nur schon kannte, sondern sogar schon mal vorgelesen bekommen hatte.… Weiterlesen