Glanz oder gar nicht

Da dachte ich, ich hätte das Patentrezept gefunden, um wie ein professioneller Autor zu leben und nie wieder einen Durchhänger zu haben: mit eisernem Willen und Disziplin. Nachdem ich 2020, 2021, 2022 wirklich maue Schreibjahre hatte, in denen ich weit hinter meinen selbstgesteckten Zielen zurückgeblieben bin, sollte ab 2023 alles besser werden. Mit dem ersten Januar startete ich ein Schreibregime, wie es strenger nicht sein konnte, und ich hatte Erfolg damit. An jedem Tag, jedem einzelnen Tag, schrieb ich brav mein Pensum von mindestens 1.390 Wörtern, egal ob ich gesund war oder krank, zuhause oder unterwegs.

Ich verpasste meinen geliebten Filkzirkel auf der Convention im Herbst, weil ich keine Schreibsession auslassen durfte, ich saß auf dem Tintenzirkeltreffen mit meinem Ipad und schrieb, umgeben von ebenfalls schreibenden Kolleg:innen, wie ein echter Profi, und selbst mit Covid und Fieber brachte ich mein Pensum zu Papier. Ich wusste, es war nicht das gesündeste Verhältnis zum Schreiben, das ich da entwickelt hatte, doch mir war wichtiger, meine Streak am Laufen zu halten, und unterm Strich schöpfte ich aus dieser Leistung so viel Zufriedenheit und Kraft, dass ich alles in allem mit einem Plus herauskam und meiner zunehmend besorgten Umgebung versicherte, dass sie sich keine Sorgen um mich zu machen brauchten.… Weiterlesen

Stehenbleiben

Manchmal ist es leichter, weiterzulaufen als stehenzubleiben. Im letzten Jahr, am ersten Januar, fing ich an zu laufen. Nicht mit meinen Füßen, nicht draußen – ich wünschte, ich könnte endlich meine Probleme, das Haus zu verlassen und mich zu bewegen, überwinden, aber noch ist es leider nicht so weit – aber beim Schreiben. Ich setzte mir ein Ziel, wie ich in dem Jahr zu schreiben gedachte, und jeden Tag, den ich 1/365 dieses Jahreszieles schaffte, zählte für meinen Lauf. Meine Hoffnung war, den Lauf so lang wie möglich durchzuhalten, um endlich, zum ersten Mal seit nicht weniger als zwölf Jahren, mein Ziel auch zu erreichen.

Anfangs fiel es mir schwer. Ich war aus der Übung, hatte in den vergangenen Jahren nur wenig, zu wenig, geschrieben, und musste erst einmal wieder in Übung kommen. Aber ich biss mich durch, lief tapfer jeden Tag mein Pensum, und als das Frühjahr kam, hatte ich mich eingegroovt. Ich lief durch das ganze Jahr, und was eine Stütze gewesen war, wurde zum Selbszeck. Mein Lauf half mir, zum ersten Mal seit Ewigkeiten tatsächlich mein ehrgeizig gestecktes Jahresziel zu erreichen, und, weil ich einfach nicht zu laufen aufhören wollte, bei weitem zu übertreffen.

Ich lief, egal was sonst auch passieren mochte.… Weiterlesen

Ein Jahr der Superlative

Normalerweise habe ich in diesem Blog Jahresrückblicke aus einem einfachen Grund gepostet: Weil ich entgegen vollmundiger Versprechen aus dem Januar, dieses Jahr endlich wieder mehr zu bloggen, spätestens ab März keine Beiträge mehr verfasst habe und Nachholbedarf hatte. Aber der Rückblick für 2023 ist anders. Er ist für die Leute, die nicht das ganze Jahr über diesem Blog gefolgt sind, damit die sich nicht durch die rund fünfzig Beiträge, die ich dieses Jahr geschrieben habe, arbeiten müssen, um zu wissen, was bei mir Sache war. Und auch wenn das Jahr noch nicht ganz rum ist, kann ich jetzt schon sagen: 2023 war ein Jahr der Superlative.

In den vergangenen Jahren habe ich viele Rückschläge einstecken müssen. Der Abschlussband meiner »Neraval-Sage« ist sang- und klanglos versandet, was schade ist um die Arbeit, die ich in die Trilogie gesteckt habe. Ich bin weit hinter meinen schreiberischen Plänen zurückgeblieben, und die Gesundheit hat auch nicht mitgespielt. Als ich mir daher für 2023 das Ziel gesetzt habe, 500.000 Wörter zu schreiben, war das eher utopisch. Und vor meiner anstehenden Veröffentlichung, meinem ersten Kinderbuch, hatte ich in erster Linie Angst. Ich wusste, noch einen Flop kann ich mir nicht leisten, sonst bin ich weg vom Fenster.… Weiterlesen

Gib mich den Quattrick!

Eben erst habe ich das Wörtchen »Ende« unter ein Manuskript gesetzt – »Die vierte Wand« ist fertig – aber das reicht mir nicht aus. 2023 ist das größte Jahr meiner Autorenkarriere, und ich will, dass es fulminant endet. Drei Romane habe ich in diesem Jahr fertiggestellt: neben der »Vierten Wand« noch »Das Lächeln des Mondes«, den ersten Band meiner Tränenjäger-Tetralogie, und »Owls End« – aber drei Romane in einem Jahr, das ist mir auch schon früher geglückt. 2011 sind die »Gauklerinsel«, »Das gefälschte Siegel« und das »Puppenzimmer« alle in einem Jahr fertiggeworden, 2021 die »Stadtkinder«, »Das gefälschte Land« und »Unten«. Hattrick kann ich.

Dieses Jahr aber soll es ein Quattrick werden – ehrlich, ich musste das Wort erstmal nachschlagen, ich wusste nicht, ob es ein Wort für vier Treffer auf einmal gibt, und ja, das nennt man einen Quattrick. Vier Bücher auf einmal also. Und weil wir schon Mitte Dezember haben, kommt dafür genau ein Buch infrage: »Zornesbraut«, das fünfte Buch meiner ganz und gar epischen Chroniken der Elomaran. Nicht weniger als zwölf Jahre lang hat dieses Buch unfertig auf Halde gelegen, knapp vierhundert Seiten habe ich seit diesem Sommer daran geschrieben, und jetzt bin ich im letzten Kapitel. Zeit, dass es fertig wird.… Weiterlesen

Wenn der November naht …

Es ist noch eine Woche hin, bis der Nanowrimo beginnt, für mich die schönste Zeit des Jahres und traditionell mein persönliches Schreib-Highlight, und ich bin noch nicht so recht in Nani-Stimmung. Zum Teil liegt es daran, dass ich immer noch an den Folgen einer Covid-Infektion herumkaue, die wirklich mild verlaufen ist, aber dazu geführt hat, dass ich seit vier Wochen mit Husten und Schnupfen zu kämpfen habe – wirklich nichts gravierendes, aber gesund bin ich eben nicht, und ich merke es vor allem, wenn ich schlafen will. Zum anderen liegt es aber leider auch an meinen Projekten.

Wie in jedem Jahr gibt es auch in diesem Jahr bei mir den Doppelnano, aber wirklich, wenn das nicht meine Tradition wäre, die ich nicht einreißen lassen möchte, würde mir in diesem Jahr auch ein einfacher Nano genügen. Mein Jahresziel habe ich im Kasten, auf die Wortzahl kommt es mir gar nicht mehr so sehr an, da habe ich dieses Jahr ohnehin meinen persönlichen Rekord gebrochen – aber ich will einfach, dass der Nanowrimo eine Herausforderung ist, und das ist er nicht, wenn ich nur das gleiche schreibe wie in nahezu allen anderen Monaten dieses Jahres. Das wäre kein Highlight, nur der Status Quo.… Weiterlesen

Ab jetzt: Bonus

Im Jahr 2010 rief ich im Tintenzirkel ein Großprojekt ins Leben: Den T12, mit T wie Tintenzirkel und 12 für die zwölf Monate des Jahres. Zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits viermal den Nanowrimo mitgeschrieben und dreimal gewonnen, ich hatte den Tinowrimo eingeführt, um auch in anderen Monaten mit einem Wörterziel zu schreiben, und der T12 war die logische Schlussfolgerung daraus, Ganzjahreskampfschreiben mit einem möglichst ehrgeizig gesteckten Ziel fürs ganze Jahr. Im ersten Jahr wagte ich mich an 400.000 Wörter heran, mehr als ich jemals in einem Jahr geschrieben hatte, und erreichte mein Ziel auch prompt, sogar um zehntausend Wörter erweitert, die ich mir im Andenken an ein verstorbenes Teammitglied auferlegt hatte – es stellte sich zwar heraus, dass die vermeintlich von uns gegangene doch noch am Leben war, doch das erweiterte Jahresziel wollte ich trotzdem durchziehen und tat es.

Im Jahr drauf, 2011, legte ich noch eine Schüppe drauf – wenn ich 400.000 Wörter schreiben konnte, dann konnte ich auch 500.000 schaffen, ich musste mich nur entsprechend anstrengen. Und obwohl ich damals noch als Bibliothekarin arbeitete, gesundheitlich angeschlagen war und ziemlich heftige Medikamente nahm, schaffte ich es. Zwar mit Ach und Krach, aber es gelang mir, meinen Rückstand aufzuarbeiten und heldenhaft Ende Dezember die Zielgerade zu überschreiten.… Weiterlesen

Quartalsschreiber II

Als das Jahr losging, hatte ich große Pläne, aber kleine Hoffnungen. Zum nicht weniger als dreizehnten Mal bin ich mit einem Jahresziel von 500.000 Wörtern gestartet, und nur einmal, im Jahr 2011, habe ich das geschafft – in allen anderen Jahren bin ich so groß gestartet, dass ich meistens noch nicht einmal die Hälfe meines Ziels erreicht habe. Ich bin trotzig, ich versuche es trotzdem immer wieder aufs Neue – und in diesem Jahr, zum ersten Mal seit Ewigkeiten, werde ich dieses Ziel voraussichtlich nicht nur schaffen, sondern noch dazu deutlich übertreffen. Ich habe einen großzügigen Vorsprung vor dem Zeitplan, ich könnte zwei Monate lang pausieren und wäre dann immer noch im grünen Bereich – aber ich darf nicht pausieren, ich muss an jedem einzelnen Tag schreiben, sonst habe ich verloren.

Grund dafür ist die Laufliste. Die habe ich vor einigen Jahren im T12, dem Ganzjahreskampfschreiben des Tintenzirkels, eingeführt, und sie zählt fortlaufend die Tage, an denen man mindestens 1/365 seines Jahresziels geschrieben hat – in meinem Fall sind das 1.370 Wörter, die ich Tag für Tag zu schreiben habe, um auf der Liste zu bleiben. Eigentlich ist es kein Problem, auch mal einen Tag Pause einzulegen – dann endet der Lauf, und sobald man wieder schreibt, arbeitet man sich erneut hoch.… Weiterlesen

Quartalsschreiber

Seit 2006 schreibe ich jedes Jahr den Nanowrimo, und seit 2010 gehe ich noch einen Schritt weiter und setze mir ein ehrgeiziges Wortzahlziel für das ganze Jahr. Aber nur zweimal habe ich es geschafft, dieses Ziel auch zu erreichen – 2010 habe ich die 410.000 Wörter geknackt, 2011, berauscht von meinem Vorjahrserfolg, noch eine Schüppe draufgelegt, mir ein Ziel von 500.000 Wörtern gesetzt und das dann auch ziemlich locker runtergeschrieben. Das waren zwei Jahre, in denen ich (in 2011 zumindest noch bis zum September) halbtags berufstätig in der Aachener Unibibliothek, und das Schreiben neben der Arbeit war anstrengend, ich hatte gesundheitliche Probleme, aber es hat trotzdem geklappt, und ich war stolz auf mich.

Danach, als ich erst arbeitslos war und dann freiberufliche Schriftstellerin, hatte ich keinen Grund mehr, es noch mit einem niedrigeren Ziel zu versuchen. Parallel zur Arbeit hatte ich Sachen geschrieben wie die »Gauklerinsel«, »Das Puppenzimmer« und »Das gefälschte Siegel« – was für große Dinge sollte ich  dann erst zustande bringen, wenn ich den ganzen Tag zum Schreiben hatte? Die traurige Antwort war: trotz Vollzeit-Schriftstellertum, trotz einem Jahresziel von immer 500.000 Wörtern, gelang es mir keinmal mehr, das einzustellen, was ich nebenberuflich geschafft hatte. Ich versuchte es trotzdem immer wieder, jedes Jahr ging ich an den Start, meine halbe Million wörter zu schreiben, startete mit einem meistens erfolgreichen Januar, nur um dann im Februar, spätestens im März den Faden zu verlieren, in die roten Zahlen zu rutschen und nicht wieder rauszukommen.… Weiterlesen

4theWords? 4theWin!

Mehr als acht Jahre ist es her, als ich unfreiwillig Alphatester einer Webseite namens 4theWords wurde – unfreiwillig deswegen, weil ich dafür bezahlt hatte wie für ein vollwertiges Produkt und es keinen Hinweis darauf gab, wie unfertig diese Webseite damals wirklich war. Der Aufmacher klang toll, eine Art Schreibrollenspiel, bei dem man Monster besiegt, indem man ihre Trefferpunkte als Wörter schreibt – aber nichts funktionierte, die Devs reagierten nicht auf Bugberichte, und das angeschlossene Forum war voller enttäuschter Schreiberlinge, die sich auf eine tolle Sache gefreut hatten und nicht bekamen. Entsprechend enttäuscht fiel an dieser Stelle meine Rezension der Seite aus, und ich endete mit einem ausdrücklichen »Finger weg!«.

Ich hatte zwar für ein ganzes Jahr bezahlt, aber so lange blieb ich dort nicht, nach einigen Wochen  war ich, verärgert und enttäuscht, wieder weg. Und dabei blieb es für die nächsten Jahre – ich wusste nicht einmal, dass es 4theWords noch gab, bis ich durch Zufall bei einer Facebookfreundin über deren Erfolgsberichte stolperte. Sie hatte mithilfe von 4theWords eine ganze Menge geschrieben, und auch wenn ich wegen meiner schlechten Erfahrungen skeptisch war, schaute ich mir die Seite noch mal an. Ich registrierte einen neuen Account, um die dreißig kostenlosen Probetage nutzen zu können (ich wünschte, die hätte es schon 2014 gegeben!),… Weiterlesen

Nichts anzuziehen, oder: Scanner am Werk

Wer kennt es nicht, das Gefühl, vor einem vollen Kleiderschrank zu stehen und sich zu fühlen, als hätte man nichts anzuziehen? Ich. Mir ist das noch nie passiert. Mein Kleiderschrank ist voll, und ich greife nach irgendwas, Hauptsache einigermaßen sauber und, gegenwärtig besonders wichtig, warm genug. Draußen herrscht Winter, und wir beheizen gerade nur einzelne Zimmer, nicht das ganze Haus, weil unsere Gasrechnung durch die Decke gegangen ist. Ich friere hier vor mich hin. Aber zumindest vor dem Kleiderschrank muss ich nicht lange zögern, so schwer ich mich sonst auch mit Entscheidungen tun mag.

Aber im übertragenen Sinn geht mir das gerade genauso. Ich habe nichts zu schreiben. Und da ich mir vorgenommen habe, dieses Jahr wirklich jeden Tag mein Pensum zu schreiben, 1.370 Wörter oder mehr, bringt mich das gerade in die Bredouille. Ich habe »Owls End«, an dem ich die letzte Woche über gearbeitet habe, gerade für ein paar Tage beiseite gelegt, um mein Plotproblem zu lösen. Bis ich da etwas gefunden habe, muss ich also an etwas anderem schreiben. Und ich habe nichts, obwohl meine Liste der Bücher in Arbeit ebenso lang ist wie die Liste an Büchern, die erst noch geschrieben werden wollen.

Ich bin Multitasker. Seit vielen Jahren schreibe ich an mehreren Büchern parallel – und irgendwie wird die Liste der angefangenen Bücher immer länger, obwohl ich auch jedes Jahr etwas zu Ende schreibe.… Weiterlesen