Gib mich den Quattrick!

Eben erst habe ich das Wörtchen »Ende« unter ein Manuskript gesetzt – »Die vierte Wand« ist fertig – aber das reicht mir nicht aus. 2023 ist das größte Jahr meiner Autorenkarriere, und ich will, dass es fulminant endet. Drei Romane habe ich in diesem Jahr fertiggestellt: neben der »Vierten Wand« noch »Das Lächeln des Mondes«, den ersten Band meiner Tränenjäger-Tetralogie, und »Owls End« – aber drei Romane in einem Jahr, das ist mir auch schon früher geglückt. 2011 sind die »Gauklerinsel«, »Das gefälschte Siegel« und das »Puppenzimmer« alle in einem Jahr fertiggeworden, 2021 die »Stadtkinder«, »Das gefälschte Land« und »Unten«. Hattrick kann ich.

Dieses Jahr aber soll es ein Quattrick werden – ehrlich, ich musste das Wort erstmal nachschlagen, ich wusste nicht, ob es ein Wort für vier Treffer auf einmal gibt, und ja, das nennt man einen Quattrick. Vier Bücher auf einmal also. Und weil wir schon Mitte Dezember haben, kommt dafür genau ein Buch infrage: »Zornesbraut«, das fünfte Buch meiner ganz und gar epischen Chroniken der Elomaran. Nicht weniger als zwölf Jahre lang hat dieses Buch unfertig auf Halde gelegen, knapp vierhundert Seiten habe ich seit diesem Sommer daran geschrieben, und jetzt bin ich im letzten Kapitel. Zeit, dass es fertig wird.… Weiterlesen

Die Angst vorm nächsten Band

Es fühlt sich immer noch sehr unwirklich an, dass ich wieder an den Elomaran arbeite – aber nachdem »Zornesbraut« zwölf Jahre auf Eis gelegen hat, bin ich jetzt an der Stelle angekommen, wo ich sagen kann: Noch zwei Kapitel, und das Buch ist fertig. Seit ich die Arbeit wiederaufgenommen habe, hat sich die Länge des Buches verdoppelt, von rund 75.000 auf knapp 150.000 Wörter, und ich steuere auf ein dramatisches Finale zu, dass ich mir vor mehr als einem Dutzend Jahren ausgedacht habe.

Das wirklich erstaunliche ist, dass das Buch tatsächlich noch funktioniert. Die Geschichte erscheint mir immer noch logisch, das Verhalten der Figuren ist plausibel – und ich habe immer noch das Gefühl, dass ich mir da eine wirklich gute Geschichte ausgedacht habe. Dabei schreibe ich nicht nur einen alten Plot runter – es ist eine Mischung aus den alten Ideen von vor 2011, rekonstruiertem Plot, den ich anhand eines alten Exposés wiedergefunden habe, und neuen Wendungen, die sich nahtlos ins Gefüge einpassen.

Und viel ist passiert in den sieben Kapiteln, die ich in der Zwischenzeit geschrieben habe. Es waren lange Kapitel, zum Teil deutlich zu lang, aber in der Zeit habe ich zwei Figuren getötet, die mich seit dem Jahr 2000 begleitet haben, ich habe einen Engelsschatz gefunden und einen anderen wieder verloren, ich habe einen leibhaftigen Engel auftreten lassen und eine alte Rache vollstreckt, und nur da, wo es darum ging, eine Freundschaft für immer zu zerstören, habe ich zurückgerudert, ein paar Seiten in die Tonne getreten und beschlossen, dass die beiden doch Freunde bleiben.… Weiterlesen

Buchschlusspanik

Beim Schreiben habe ich Sachen, die ich wirklich gut kann und an denen ich Spaß habe – und Sachen, die mir weniger liegen und die ich als meine persönlichen Schwächen empfinde. Das gilt zum Beispiel für Kampfszenen – richtig dramatische, actionlastige Kampfszenen kann ich nicht, fühle mich damit nicht wohl, und produziere Szenen, mit denen ich nicht zufrieden bin. Das lässt sich zum Glück ganz einfach lösen: Dann schreibe ich eben keine Kampfszenen. Ich darf dann nur nicht den Fehler machen, wie mit Lorcan in der »Neraval-Sage« einen hauptberuflichen Kämpfer in meiner Heldengruppe zu haben, denn ein Kämpfer sollte schon ab und zu mal was zu kämpfen bekommen. Aber daraus habe ich gelernt. Solche Kämpfertypen spiele ich gern in Rollenspielen, sei es am Computer oder im Pen-and-Paper-Bereich, aber als Autor überlasse ich sie jetzt lieber anderen. Problem umschifft.

Aber bei einer anderen Sache, mit der ich mich schwertue, kann ich das nicht. Ich schreibe nicht gern Enden. Und wenn ich das löse, indem ich meine Bücher einfach nicht enden lasse – dann schreibe ich nichts mehr fertig, dann habe ich nichts mehr zum Veröffentlichen, und dann kann ich als Berufsautor meinen Hut nehmen. Vor allem, wenn ein Buchprojekt schon so weit gediehen ist, dass das Ende an der Reihe ist, sollte ich schon zusehen, dass ich das gebacken bekomme.… Weiterlesen

Wenn die Eulen enden

Ich habe ein ganz besonderes Verhältnis zu Eulen. Den größten Teil meines Lebens über glaubte ich, die Eule im Wappen zu führen: Ein ahnenforschender Vorfahr von mir hatte den Namen meiner Familie per Stammbaum auf die Schreibweise Ulich zurückführen können, und wo soll Ulich herkommen, wenn nicht von der alten Ul, der Eule? Zugegeben, dieser Ahnenforscher war Westfale, und im Plattdeutschen heißt die Eule tatsächlich Ul, oder Uule – der Name IIisch kommt aber aus dem polnischen Raum, und im Polnischen heißt die Eule Sowa. Sehr, sehr unwahrscheinlich, dass meine Vorfahren wirklich einen Garten voller Eulen hatten. Tatsächlich geht der Name Ilisch (oder Ulich) wahrscheinlich auf das Wort Ulica zurück, was Straße bedeutet: Also eher jemand, der an der Straße gewohnt hat oder viel auf ihr unterwegs war: Eher ein Hausierer denn der Gehlehrte, den wir da gerne gehabt hätten.

Das hat mich aber nicht davon abgehalten, mit einen Siegelstempel mit Eulenmotiv zuzulegen. Und den Verlag, den ich einmal gegründet habe – und wieder abgemeldet, ohne auch nur ein Buch verlegt zu haben – »Nachtkauz Verlag« zu nennen. Ich habe sogar eine kleine Eulensammlung, die sich über die Jahre mehr zufällig hier eingefunden hat. Ich mag Eulen wirklich, und was mich angeht, betrachte ich sie auch jetzt, nachdem meine Eltern die wahren Hintergründe des Familiennamens herausgefunden haben, immer noch als Wappentier ehrenhalber.… Weiterlesen

Mit »Unten« geht es aufwärts

Während »Das gefälschte Land« im Lektorat ist und ich auf die Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge warte, bin ich mit meiner neugefundenen Energie nicht untätig: Ich schreibe ein Buch. Genauer: Ich schreibe ein Buch fertig. »Unten« ist wieder eines dieser Bücher, die ich unmittelbar vor dem Ende erstmal für zwei Jahre auf Eis gelegt habe, weil ich mir nicht sicher war, wie das Buch nun genau ausgehen soll. Und, weil es erstmal wichtiger war, meine Fälscher zum Abschluss zu bringen, was dann zugegeben etwas länger gedauert hat als geplant.

Nun geht es also bei »Unten« ans Eingemachte. Dieses Buch ist so anders als das »Gefälschte Land«, dass ich erst einmal meinen kompletten Kopf umschalten musste – ein dystopischer Roman für Grundschulkinder, das klingt erstmal wie harter Tobak. Ist es auch, stellenweise – dafür hat das Buch viele sehr absurde Momente, um das wieder abzufedern, dass das Ergebnis ein bezaubernd schönes, stellenweise totlustiges, stellenweise ernstes, Buch geworden ist, und was immer man darüber sagen kann, es ist etwas Besonderes.

Es ist nur noch nicht fertig, nicht ganz, jedenfalls – und sobald meine Lektoratsanmerkungen zurückkommen, wird »Unten«, egal wie weit oder nicht weit ich jetzt komme, wieder so lange geparkt, bis das Lektorat rum ist.… Weiterlesen

Einmal Liebe und zurück

Als Autorin verfüge ich über eine besondere Gabe: Ich bin in der Lage, meinen Roman auch in der allerersten Rohfassung zu lieben. Ich kann mein unfertiges Buch lesen, als wäre es der heißeste Scheiß, und mein Innerer Kritiker lobt das Potenzial der Geschichte und ist ganz begeistert, wie viel man da noch rausholen kann. Wenn es drauf ankommt, bin ich mein größter Fan. Das ist, habe ich gelernt, nichts Selbstverständliches – viele Autoren tun sich schwer, ihre Bücher zu lesen, ohne nur über die Schwächen zu stolpern. Aber ich bin sehr gut darin, meine Bücher von vorn bis hinten zu lieben.

Natürlich, auch ich habe immer wieder Tage, wo ich mein Buch an die Wand klatschen möchte, wo ich mit einer Entwicklung absolut unzufrieden bin oder eine Szene hasse: Dann gehe ich ein bisschen auf Abstand, suche die Stelle, wo ich den Schnitt setzen muss, schmeiße raus, was mir nicht gefällt, und schreibe die entsprechende Szene neu. Das ist normal – auch wenn ich mein Buch unterm Strich liebe, muss ich doch immer imstande sein, die Schwächen darin zu finden. Schließlich will ich, dass es das Beste Buch der Welt wird. Aber mein Innerer Kritiker ist üblicherweise in der Lage, den Finger auf das zu legen, was verbessert werden muss und kann.… Weiterlesen

Die Stille vor dem Schluss

Wenn es eine Sache gibt, die ich beim Schreiben fürchte, dann sind es dramatische Finale. So schnell kann man ein bis dahin gut gelungenes Buch mit einem verkorksten Schluss ruinieren, und ich kenne zu viele Beispiele von Romanen, wo genau das passiert ist – was dafür spricht, dass so etwas dem Leser im Gedächtnis bleibt. Im Nachhinein habe ich nicht nur bei meinem ersten fertiggestellten Roman Eine Flöte aus Eis den Schluss komplett in den Teich gesetzt, was ich mir bei einem Erstling ja noch verzeihen könnte, sondern auch bei späteren Geschichten den Kampf mit dem Schluss nicht unbedingt gewonnen, zum Beispiel bei der Spinnwebstadt und der Gauklerinsel. Bis heute weiß ich in beiden Fällen nicht, wie ich es besser machen könnte. Und jetzt wiederholt sich das Spiel, während ich bei der Schattenuhr in den letzten Zügen liege. Es ist mir gelungen, ein leidlich dramatisches Showdown hinzubekommen, über zwei Kapitel gestreckt, um ihm den nötigen Platz einzuräumen, aber Actionlastiges ist nicht meine starke Seite, und die Szene, in der ein Geist in Howards Wohnzimmer wütet und versucht, Percy umzubringen, findet ebenso überwiegend off-camera statt wie ein dramatisches schwarzmagisches Ritual, bei dem ich nicht zu sehr ins Detail gehen mochte.

Da ich meine Schwächen kenne, ist es sicher besser, wenn ich etwas schummele, als dass ich komplett ins Klo greife und Szenen abliefere, bei denen am Ende gar nichts mehr stimmt.… Weiterlesen

Das Leben in der Hand des Gänseblümchens

Wieder einmal ist es soweit, die Arbeit an einem Roman neigt sich dem Ende zu, aber statt dass ich meiner üblichen Buchschlusspanik verfalle und jammere, dass ich meine liebgewordenen Helden verlassen muss, zeige ich mich vor allem unentschlossen. Ich habe noch vier Tage lang zu schreiben, dann bin ich fertig, und eigentlich sollte ich genau wissen, was ich da zu schreiben habe. Aber genau an einer entscheidenden Stelle war ich bis zuletzt unentschlossen: Gibt es ein Happyend, oder gibt es keines? Natürlich, das Wort ‚Happyend‘ ist bei den Mohnkindern so oder so falsch gewählt. Es ändert nichts mehr daran, dass ein kleines Mädchen tot ist und nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden kann, egal wie ich mich entscheide. Die Happyend-Frage betrifft in diesem Fall nur das überlebende Mädchen, Laurel. Wird sie lernen, mit dem Tod der Zwillingsschwester zu leben und ein eigenständiges Leben zu führen? Oder lässt sie sich von Ivys Geist überzeugen, dass sie zusammengehören, für immer, und nimmt sich ihr eigenes Leben?

Der eine Schluss ist versöhnlich und hat einen positiven Ausblick, der andere kommt dafür bestimmt überraschender, und ich habe meine Leser immer schon gerne überrascht. Außerdem hatte ich seit der Flöte aus Eis kein trauriges Ende mehr – und das war 1997.… Weiterlesen

Mach mir den Frodo!

Es geht jetzt also tatsächlich auf das Ende vom Gefälschten Siegel zu, und entgegen allem, was ich meinen Agenten versprochen habe, nachdem es letztes Jahr diesen Kniest mit den Elomaran gab, wird das Buch mit einem Cliffhänger enden. Jawohl. Ich behelfe mir, indem ich die Trilogie zuendeschreibe, ehe sie auch nur einem Verlag angeboten wird, und dann stelle ich mir sowas vor wie Drei Band Im Schuber, dann wird sich auch kein Leser und kein Lektor wegen des Endes vom Band Eins beschweren (ach ja, das zweite Buch endet garantiert genauso offen).

Letztlich bin ich gut durchgekommen mit der Geschichte, nur einen Hänger hatte ich zwischendurch, und wenn ich mir so ansehe, was rausgekommen ist, deckt sich das doch ganz gut mit meinen ersten Plänen. Bis auf eine Sache, und die hängt mit Tymur zusammen. Gedacht war, daß Tymur das sanfte Unschuldslamm ist, der harmlose Diplomat, der jeden verblüfft und verwundert, wenn er sich am Ende des Siegels buchstäblich die Maske runterreißt und sein wahres Gesicht zeigt. Möööp. Chance vertan. Tym wirkt immer wieder unterschwellig bedrohlich, manisch-psychotisch, besessen, daß ich wette, meine Leser warten nur drauf, daß sowas passiert. Ich habe keine Lust, jetzt alles nochmal neu zu schreiben, und ich mag Tym, so wie er ist – also dreh ich jetzt den Spieß um und implementiere das.… Weiterlesen

Der lange Abschied

Ende Dezember hatte ich ihn schonmal, den End-of-Book-Blues. Da war Geigenzauber so gut wie fertig, und es ging mir an die Nieren. Aber das ist kein Vergleich zu dem, wie es mir jetzt geht. Ich stehe kurz vor dem Ende der Gauklerinsel, nur noch der fehlende Epilog steht zwischen mir und dem magischen Wort ‚Finis‘. Und ich gebe mich dem entsetzlichen Heulen und Zähneklappern hin. Dieses Buch ist mir so sehr ans Herz gewachsen, ich liebe es über alles, und die Vorstellung, daß auf einmal alles vorbei sein soll, tut mir weh. Ich liebe meine Figuren, Rosi, Trotzki, Shaun, den Blonden, Maris, das Kind, alle, bis hin zur kleinsten Nebenfigur. Es soll nicht vorbei sein, nicht einfach so, nicht schon jetzt… Es macht eben doch einen Unterschied, ob man sieben Wochen an einem Buch schreibt oder vier Jahre.

Die ersten Wurzeln der Gauklerinsel liegen sogar noch länger zurück: Die Insel selbst ist zumindest dem Namen nach eine Idee, die ich im sechsten Schuljahr hatte, also 1986, und Rosi entstand für ein Briefrollenspiel, an dem ich 2001 teilgenommen habe, und auch Shaun ist damals entwickelt worden, und ich wußte immer, auch nach dem Ende des Rollenspiels, daß ich mit den beiden noch was machen will.… Weiterlesen