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Es werde Lichtland II

Es gibt Bücher, die schreibe ich in einem Rutsch runter, wie »Die gehörnte Prinzessin« oder »Geigenzauber«. Es gibt Bücher, die verbringen ein paar Jahre in Arbeit und liegen dann noch mal auf der Halde, bis ich einen Schluss für sie zustandegebracht habe. Und dann gibt es Bücher, die werden und werden nicht fertig, auch nach über zehn Jahren nicht, und lassen einen doch nicht los. So ein Buch ist »Lichtland«.

Es ist ein bemerkenswertes Buch. Eines, das im Gedächtnis bleibt. Noch Jahre, nachdem ich schon längst nicht mehr aktiv an dem Buch schrieb, fragte meine Mutter danach. Nicht, ob ich noch daran arbeitete – sondern um sicherzustellen, dass ich es nicht tat. Wenn ich ihr von einer neuen Idee erzählen wollte, kam mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein »Aber an dieser Licht-und-Dunkel-Geschichte schreibst du nicht mehr, nein?« Und dann war sie erleichtert, wenn ich das bestätigte. Ich freue mich, wenn meiner Mutter meine Bücher gefallen, und ich halte wirklich große Stücke auf ihre Kritik. Aber ich würde jetzt nicht so weit gehen, zu sagen, dass ich nur für sie schriebe. Oder dass es ein Todesurteil ist, wenn sie einmal ein Buch von mir nicht mag. Denn so wenig das Konzept von »Lichtland« meine Mutter überzeugen konnte, so sehr liebe ich das Buch und seine Figuren.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Geistersaat«

Wenn man ein Buch fertig hat, gibt es nichts Schöneres, um einen wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen, als die Erinnerung an ein Buch, das es nicht geschafft hat – das krachend vor der Wand gelandet ist oder still schlafend von uns gegangen. Ich bin immer noch mehr der große Romanruinierer denn der große Romanfertigsteller, und ausgerechnet dann, wenn ich was fertiges zu feiern habe, kommt das wieder hoch bei mir – vorzugsweise, wenn ich versuche, etwas zu finden, das die Lücke füllen soll, die das fertige Buch hinterlassen hat. Und was wäre ein besserer Kandidat für meinen Romanfriedhof als ein Buch, das nie etwas anderes sein sollte als ein Lückenbüßer?

Im Februar 2011 hatte ich ein Problem: Ich hatte ein Buch fertiggeschrieben, und es war das beste Buch der Welt. Selbst heute noch ist meine »Gauklerinsel« eines meiner absoluten Lieblingsbücher, und die sieben Jahre, die ich daran arbeiten durfte, waren eine wirklich schöne Zeit. Bei keinem anderen Buch war ich so dermaßen traurig, das Wort »Ende« unter die Geschichte zu setzen, bei keinem anderen hat es sich so angefühlt, als ginge mit Fertigstellung des Manuskripts eine Ära zu Ende. Und auch wenn ich andere, gute Bücher in Arbeit hatte – darunter das »Gefälschte Siegel« oder das ganz frisch geplante »Puppenzimmer« – wollte ich einen Ersatz für die »Gauklerinsel«, etwas, das diese Lücke in meinem Herzen füllen sollte.… Weiterlesen

Tränen lügen nicht

Eben noch, keine zwei Wochen ist das her, da habe ich über dem Finale meiner Tränenjäger geschwitzt, und wäre es nicht April und Camp Nanowrimo, das ich gewinnen will, vielleicht hätte ich meinen Schwanz eingekniffen und das Buch auf Eis gelegt. Aber das wäre zu schade gewesen, nicht wahr? Nachdem ich seit Wochen konzentriert an dieser Geschichte gearbeitet habe … Und so habe ich mein Problem gelöst und weitergeschrieben, jeden Tag im Schnitt zweitausend Wörter – und nun, ein Finale später, bin ich fertig. Natürlich nicht mit den Tränenjägern. »Die neunte Träne« ist ein Mehrteiler, fertig ist nur der erste Band, der den Arbeitstitel »Das Lächeln des Mondes« trägt – aber der kann sich sehen lassen, mit rund 650 Seiten und über 170.000 Wörtern.

Das ist nicht das dickste Buch, das ich je geschrieben habe, die Ehre gebührt dem »Gefälschten Land«, und ich habe nicht vor, das noch mal zu übertreffen – das Buch ist aus dem Ruder gelaufen, und ich habe unter Schmerzen fast 20% des Textes wieder rauskürzen müssen, damit der Verlag es mir abgenommen hat. Das war kein Vergnügen, das mache ich so schnell nicht noch mal. Und auch dieses Buch jetzt wird noch Feder lassen müssen, wenn ich es überarbeite – aber das ist noch ein Weilchen hin.… Weiterlesen

Buchschlusspanik

Beim Schreiben habe ich Sachen, die ich wirklich gut kann und an denen ich Spaß habe – und Sachen, die mir weniger liegen und die ich als meine persönlichen Schwächen empfinde. Das gilt zum Beispiel für Kampfszenen – richtig dramatische, actionlastige Kampfszenen kann ich nicht, fühle mich damit nicht wohl, und produziere Szenen, mit denen ich nicht zufrieden bin. Das lässt sich zum Glück ganz einfach lösen: Dann schreibe ich eben keine Kampfszenen. Ich darf dann nur nicht den Fehler machen, wie mit Lorcan in der »Neraval-Sage« einen hauptberuflichen Kämpfer in meiner Heldengruppe zu haben, denn ein Kämpfer sollte schon ab und zu mal was zu kämpfen bekommen. Aber daraus habe ich gelernt. Solche Kämpfertypen spiele ich gern in Rollenspielen, sei es am Computer oder im Pen-and-Paper-Bereich, aber als Autor überlasse ich sie jetzt lieber anderen. Problem umschifft.

Aber bei einer anderen Sache, mit der ich mich schwertue, kann ich das nicht. Ich schreibe nicht gern Enden. Und wenn ich das löse, indem ich meine Bücher einfach nicht enden lasse – dann schreibe ich nichts mehr fertig, dann habe ich nichts mehr zum Veröffentlichen, und dann kann ich als Berufsautor meinen Hut nehmen. Vor allem, wenn ein Buchprojekt schon so weit gediehen ist, dass das Ende an der Reihe ist, sollte ich schon zusehen, dass ich das gebacken bekomme.… Weiterlesen

Eine gewichtige Angelegenheit

Ich schreibe keine Kurzgeschichten. Meine letzte habe ich irgendwann in der Mittelstufe geschrieben, seitdem sind aus allen meinen Ideen Romane geworden (oder gescheiterte Romane, was das betrifft), oder, wenn es mir wirklich mal gelingt, mich kurzzufassen, eine Ballade. Kurze Geschichten liegen mir einfach nicht, ich habe noch nie eine veröffentlicht und habe das eigentlich auch nicht vor. Nichts gegen Kurzgeschichten – aber meine Talente liegen anderswo.

Trotzdem bin ich letztes Jahr eingeladen worden, einen Beitrag für eine Kurzgeschichtenanthologie zu verfassen. Elea Brandt und Aşkın-Hayat Doğan sind die Herausgeber von »Urban Fantasy going Fat«, und das erklärte Ziel dieser Anthologie ist es, in Sachen Diversität einmal fette Figuren in den Mittelpunkt zu stellen und dafür, wie bei den anderen Bänden der »Urban Fantasy going …«-Reihe, Own Voice-Autor:innen zu Wort kommen zu lassen – hier also Menschen, die wissen, wie es sich mit lebt mit deutlichen Übergewicht, wie die Herausforderungen durch die Gesellschaft sind, und die nicht in Fettfetisch- und andere Klischeefallen reingeraten. »Laut! Bunt! Empowering!« lautet der Slogan des Buches, das im April gerade im Verlag ohneohren erscheinen wird. Ich bin darin nicht vertreten. Und der Grund, warum nicht, hat nur sekundär etwas damit zu tun, dass ich keine Kurzgeschichten schreibe.

Ich bin fett.… Weiterlesen

Quartalsschreiber

Seit 2006 schreibe ich jedes Jahr den Nanowrimo, und seit 2010 gehe ich noch einen Schritt weiter und setze mir ein ehrgeiziges Wortzahlziel für das ganze Jahr. Aber nur zweimal habe ich es geschafft, dieses Ziel auch zu erreichen – 2010 habe ich die 410.000 Wörter geknackt, 2011, berauscht von meinem Vorjahrserfolg, noch eine Schüppe draufgelegt, mir ein Ziel von 500.000 Wörtern gesetzt und das dann auch ziemlich locker runtergeschrieben. Das waren zwei Jahre, in denen ich (in 2011 zumindest noch bis zum September) halbtags berufstätig in der Aachener Unibibliothek, und das Schreiben neben der Arbeit war anstrengend, ich hatte gesundheitliche Probleme, aber es hat trotzdem geklappt, und ich war stolz auf mich.

Danach, als ich erst arbeitslos war und dann freiberufliche Schriftstellerin, hatte ich keinen Grund mehr, es noch mit einem niedrigeren Ziel zu versuchen. Parallel zur Arbeit hatte ich Sachen geschrieben wie die »Gauklerinsel«, »Das Puppenzimmer« und »Das gefälschte Siegel« – was für große Dinge sollte ich  dann erst zustande bringen, wenn ich den ganzen Tag zum Schreiben hatte? Die traurige Antwort war: trotz Vollzeit-Schriftstellertum, trotz einem Jahresziel von immer 500.000 Wörtern, gelang es mir keinmal mehr, das einzustellen, was ich nebenberuflich geschafft hatte. Ich versuchte es trotzdem immer wieder, jedes Jahr ging ich an den Start, meine halbe Million wörter zu schreiben, startete mit einem meistens erfolgreichen Januar, nur um dann im Februar, spätestens im März den Faden zu verlieren, in die roten Zahlen zu rutschen und nicht wieder rauszukommen.… Weiterlesen

Auf die Technik kommt es an

Sprechen wir mal über Technik. Als ich angefangen habe, Geschichten zu schreiben, habe ich das ganz selbstverständlich mit der Hand getan – ich war acht Jahre alt, und Schreiben war sowieso noch eine bahnbrechend neue Angelegenheit, es irgendwie anders zu machen, wäre mir nicht in den Sinn gekommen – ich meine, Geschichten schreiben war ja überhaupt der einzige Grund, warum man Schreiben lernt, nicht wahr? Und so schrieb ich, der Einfachheit halber, meine Geschichten in Schulheften. Die waren schließlich im Haus. Und man konnte in ihnen blättern wie in einem Buch. Geschichten umzuschreiben, was in Heften zugegeben schwierig ist, stand noch nicht zur Debatte. Mir leuchtete ein, dass mein durchaus zahlreichen Rechtschreibfehler besser irgendwann korrigiert werden sollten, aber ich konnte mit ihnen leben und verbuchte sie erst einmal unter »künstlerische Freiheit«.

Aber ich beneidete immer meine Eltern um ihre Schreibmaschine, und als ich so elf, zwölf Jahre alt war, schlich ich mich ab und zu ins Arbeitszimmer meines Vaters, wo sie stand, und begann dort, wenn niemand da war, um mich zu stören, an einem Buch zu arbeiten. Ich kam sehr langsam voran: Die Buchstaben musste ich überhaupt erst einmal auf der Tastatur finden, und dann brauchte der Anschlag eine Menge Armschmalz, um die Buchstaben bis aufs Papier zu bringen.… Weiterlesen