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Der Geigerzähler

Gut voran geht es in diesem Jahr mit dem Nanowrimo, aber das ist nicht weiter verwunderlich, alles andere wäre auch eine Schande. Seit Beginn des Jahres habes ich über 350.000 Wörter geschrieben, weitere 60.000 liegen noch vor mir, da ist ein erfolgreicher Nanowrimo eine Selbstverständlichkeit. Ein wenig haben wir, die wir uns der Herausforderung des T12 gestellt haben, dem das Besondere des Nanowrimos geopfert, und ähnlich einem Junkie, der immer größere Dosen braucht, um seinen Kick zu erreichen, brauche auch ich immer größere Herausforderungen.

Als ich mich 2006 für meinen ersten Nano angemeldet habe, ging ich nicht davon aus, daß dieses Ziel überhaupt schaffbar wäre – es war mehr, als ich in den beiden vorangegangenen Jahren zusammen geschrieben hatte. Aber es war meine einzige Chance, noch vor dem Einsendeschluß aus meiner Idee für den Rowohlt-Jugendbuchwettbewerb zu machen, und was hatte ich zu verlieren? Doch dann lernte ich eine Nanitin aus der Nachbarschaft kennen, die Lokalpresse berichtete, Passanten fragten mich nach meinem Fortschritt, und nun, wo die Ehre auf dem Spiel stand, konnte ich auch meinen Arsch zusammennehmen und das Buch schreiben. Ich habe den Rowohltwettbewerb nicht gewonnen, aber immerhin, Der Schattenstein ist ein gutes Buch geworden.

Im Jahr drauf schrieb ich Lichtland und stand unter dem Druck, wieder gewinnen zu müssen, nachdem ich mir einmal gezeigt hatte, daß ich es kann.… Weiterlesen

Wolken Schatten Spiegel Zeit

Es ist passiert, mal wieder. Bestimmt einmal im Jahr kommt es vor, daß ich den Plot für ein Buch träume, und nicht nur unmittelbar nach dem Aufwachen denke »Das muß ich unbedingt schreiben«, sondern auch noch Tage später. Anders als die meisten Träume, die sich bei Licht betrachtetet als Blödsinn herausstellen, sind bei mir manche tatsächlich das perfekte Drehbuch, und ich habe schon verschiedene Geschichten geschrieben oder zumindest zu schreiben angefangen, die auf Träumen beruhten: Eine Flöte aus Eis geht angeblich auf eine Traumidee zurück, wobei ich mich nicht mehr daran erinnere, das geträumt zu haben, sondern nur, wie ich von diesem Traum erzähle. Aber einige Werke-in-Arbeit habe ich definitiv geträumt, darunter die Groteske Sie sind schon tot, sagt Phoebe und das großartige Geisterlied, das im kommenden Jahr endlich über die Ziellinie geschrieben werden soll.

Es ist also nicht so, daß ich einen Mangel an zu schreibenden Geschichten hätte oder einen Mangel an Ideen, die mir auf wache oder schlafende Art gekommen sind, und ich weiß nicht, warum sich mein Unterbewusstsein die Mühe macht, einmal im Jahr einen neuen Plot aus dem Boden zu stampfen, aber hier bin ich, mitten im Nano, mit einer neuen Idee. Es ist zum Glück nur ein Grundgedanke, kein ausgefeilter Plot, aus dem sich aber bei Gelegenheit etwas machen läßt.… Weiterlesen

Foltert Huren!

So gesehen am 11. November auf bild.de: Weil offenbar irgendwo ein Pärchen verschleppt worden ist, sollen nun, ob aus Rachsucht, weil dies die Forderung der Entführer ist oder um den Aufenthaltsort der Vermißten herauszufinden, Huren gefoltert werden. Bundesweit und offenbar durch die BILD-Leserschaft. Es wär ja nicht das erste Mal, daß BILD direkt oder indirekt zur Gewalt aufruft, man erinnere sich nur an Rudi Dutschke, trotzdem finde ich die Plumpheit, mit der hier pauschal vorgegangen wird, erschreckend.

Was natürlich ebenfalls in ihrer pauschalen Plumpheit erschreckend ist: Die Schlamperei, mit der hier mit Sprache umgegangen wird. Hauptsache reißerisch; daß man das Ganze mißverstehen kann, ist egal, wenn am Ende nur ein Ausrufezeichen steht, werden die Leser den Link schon anklicken. Was eigentlich nicht mehr nötig ist, denn am Ende bietet der Artikel auch nicht mehr als das, was schon in der Überschrift steht. Aber wenn schon die BILD-Redakteure nicht zweimal draufschauen, zumindest als Autor muß man ein Auge für sowas haben, und darum sammle ich hier jetzt Beispiele aus den Medien, in denen durch unglückliche Wortwahl und Zeichensetzung ein völlig falscher Sinn generiert wird. Es dauert sicher nicht mehr lang, bis ich den nächsten Fall finde…

P.S. Korrekt muß es natürlich auch heißen »Hass auf Prostituierte«.… Weiterlesen

Sankt Martin, bist ein guter Mann

Gerade zieht an unserem Haus der Martinszug vorbei, mit Blaskapelle, vielen Kindern mit Laternen und gefühlt noch zweimal so vielen Eltern. Da bekomme ich ein leichtes Déjà-vu-Gefühl, denn letzte Woche ist auch schon so ein Zug am Haus vorbeigelaufen, auch mit Blaskapelle, aber vielleicht machen die das hier im Frankenberger Viertel ja nicht ohne Generalprobe? Vielleicht ist heute nicht der beste Tag für so etwas, immerhin ist heute Volkstrauertag, und von mir aus hätte man den Zug auch direkt an St. Martin machen können – aber vielleicht ist das ja auch Absicht mit Hintergedanken, denn am Martinstag begehen alle Weltkriegsbeteiligten außer den Deutschen den Armistice Day (auch Veterans‘ Day, Poppy Day), den Tag des Waffenstillstands, der den Ersten Weltkrieg beende, und während sich in Deutschland die Jecken ihre roten Pappnasen aufsetzen, stecken sich anderswo die Veteranen eine rote Mohnblume ans Revers. Der Volkstrauertag ist in Deutschland der Ersatz dafür, und so passt es vielleicht ganz gut, den Martinszug auf diesen Tag zu verschieben.

Zum Volkstrauertag passt auch, dass von den Kindern da draußen keines gesungen hat. Die Blaskapelle spielt »Ich gehe mit meiner Laterne«, und der restliche Zug hüllt sich in andächtiges Schweigen. Ich war kurz davor, ein Fenster aufzureißen und lauten Gesang anzustimmen, aber ich habe es dann doch gelassen.… Weiterlesen

Noch ’n Blog

Es ist ja nicht so, als ob ich nicht schon ein Blog hätte. Mitnichten. Ich blogge zu meinen Chroniken der Elomaran, ich blogge zu den Abenteuern unserer Rollenspielgruppe, zum Eurovision Song Contest und ab und zu auch für den Tintenzirkel. Aber wo meine Autorenfreunde munter aus ihrem Leben plaudern, bin ich immer ganz eng zweckgebunden. Darum habe ich mir, passend zu meiner allgemeinen Autorenseite, nun auch ein allgemeines Autorenblog eingerichtet, wo ich über Gott und die Welt plaudern kann, ohne fürchten zu müssen, das Thema des Blogs zu sehr zu verwässern. Denn das Thema dieses neuen Blogs bin ich selbst.

In Zukunft kann ich hier also all meine bleischweren Gedanken loswerden, über die Arbeit und das Privatleben schwätzen und vor allem über all das, was ich gerade schreibe, wenn es nicht um Engel geht. Wie so viele Autoren habe ich ein gesteigertes Mitteilnugsbedürftnis, man könnte auch sagen: Ich rede viel, wenn der Tag lang ist. Deswegen verkraftet die Welt auch noch ein weiteres Blog. Ich verspreche einzigartigen Kontent, werde bei niemandem abschreiben, denn das habe ich nicht nötig, und werde auch nicht nur lustige Bilder und Youtube-Videos einbinden. Es ging mit schon immer um die Wörter. Warum sonst hätte ich Kampfschreiber werden sollen?… Weiterlesen

Klappe zu und fertig II

Falkenwinter ist fertig. Das Buch, in dem nur sehr wenige Falken vorkommen und fast noch weniger Winter, da ich es auf halbem Weg von seiner Selbständigkeit befreit und zur zweiten Hälfte von Dämmervogel gemacht habe, hat um drei Minuten vor Mitternacht seinen letzten Satz bekommen, weswegen ich eigentlich jetzt auch sagen könnte: Dämmervogel ist fertig, diesmal aber wirklich. Stimmt so noch nicht ganz, ehe ich die beiden Teile zu einem Ganzen zusammensetzen kann, muß ich erst aus dem schönen langen Prolog von Falkenwinter ein gewöhnliches Kapitel machen, was nicht so leicht wird, wie es klingt. Aber erstmal, ehe ich mit dem großen Überarbeiten anfange, werde ich feiern und dann einen gemütlichen Nanowrimo schreiben.

Mein Ziel aus dem Blutspakt habe ich erreicht, zumindest den schaffbaren Teil davon. Das Vierte Buch sollte im Oktober fertig werden, und es ist im Oktober fertig geworden, auf drei Minuten genau. Was die Gauklerinsel angeht, deren Fertigstellung steht mir noch ins Haus, und das parallel zum Nanowrimo hinzubekommen wird eine Menge Arbeit, aber ich habe extra keinen Termine im November außer einem dreißigtägigen Date mit meinem Laptop, und ich traue mir zu, das zu schaffen. Hängt zwar nicht der Weltfrieden von ab, aber der meiner Seele, der mir manchmal noch wichtiger ist.… Weiterlesen

Pisa-Schock

Er saß heute mit mir im Zug, leibhaftig: Der Pisa-Schock. Und dies tat er in Gestalt von Britta und Jutta, zwei jungen Frauen, die ich mangels Alternativen als Studentinnen bezeichnen muß.
Es war früh am Morgen, Baumbergebahn von Billerbeck nach Münster, und ich hoffte auf eine geruhsame Fahrt. Doch Britta hatte bereits auf Jutta gewartet und dirigierte sie ebenso lautstark wie wortreich zu dem Vierersitz auf der anderen Gangseite, um wenn schon nicht den ganzen Zug, dann doch zumindest mich zur Zeugin ihrer geballten Ignoranz zu machen. Denn Jutta hatte offenbar ein Problem gehabt bei der Bewältigung ihrer Chemie-Hausaufgaben. Und Britta konnte ihr da nur zustimmen. Es ging um: Die Dichte von Wasser. Und um: Die Dichte von Studentinnen.

»Ich kenne die Dichte von Wasser nicht«, sagte Jutta. »Ich weiß nicht, wo wir die hernehmen sollten.«
Britta pflichtete ihr bei. »Die Dichte von Wasserstoff«, sagte sie. »Die habe ich gefunden.«
»Ja«, sagter Jutta. »Aber Wasser, das ist doch immer H2O. Da ist dann noch Sauerstoff mit dabei.«
Britta nickte. »Damit müssen die die Luftbläschen im Wasser meinen.«

Minuten später. Eine andere Aufgabe. Oder immer noch die gleiche? Offenbar muß berechnet werden, wieviel Energie nötig ist, um 500 Gramm Wasser von 0°C auf 100°C zu erhitzen (stimmt, dafür muß man die Dichte kennen).… Weiterlesen