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Autorkorrektur

Mein neuer Roman, Die Spiegel von Kettlewood Hall, erscheint im April, und nachdem ich monatelang stillhalten musste, darf ich das Cover jetzt endlich stolz herzeigen. Auch in den verschienen Onlineshops ist das Buch jetzt gelistet und vorbestellbar – wenn man es findet, heißt das. Denn zumindest bei Amazon gibt es da ein Problem: meinen Namen.

Ich bin daran gewöhnt, dass Menschen meinen Namen falsch schreiben, falsch aussprechen, oder beides. Im Laufe meines Lebens habe ich jede Variation von Ilisch, Illisch, Illich, Illitsch, Ilic, erlebt. Einmal bekam ich ungefragt einen neuen Sozialversicherungausweis auf den Namen Llisch zugeschickt und sollte dann nachweisen, dass ich nicht wirklich so hieße (wobei meine Frage, wie sie dann ohne Nachweis meinen Namen ändern konnten, unbeantwortet blieb). Als mein erstes Buch herauskam, habe ich mich gefragt, wie schlau es ist, unter einem Namen zu veröffentlichen, den so viele Leute falsch schreiben, aber es ist mein Name, ich heiße gerne so, und wenn es eine Möglichkeit ist, ihn mit seiner richtigen Schreibweise bekanntzumachen, dann ist das Veröffentlichen von hoffentlich-bald-Bestsellern genau der richtige Weg. Ich konnte nicht ahnen, dass nicht falsche Schreibweisen mein Problem werden würden, sondern richtige.

Sucht man bei Amazon nach »Maja Ilisch Spiegel von Kettlewood Hall«, landet man auf der Detailseite, auf der man das Buch vorbestellen kann.… Weiterlesen

»Ich hasse Bücher!« II

»Immer weniger Deutsche lesen Bücher (egal ob gedruckte oder digitale)«, schreibt der dotbooks-Verlag auf seiner Facebookseite, und »Was ist eurer Meinung nach die beste Leseförderung?«. Und da fällt mir natürlich sofort wieder meine Nichte ein, dieses blitzgescheite, phantasievolle kleine Mädchen, das mit Büchern nichts anfangen kann. Nur, dass ich es diesmal, nachdem mein erstes Entsetzen zwei Jahre Zeit zum Sacken hatte, stattdessen an einer Analyse versuche. Und weil mir die zu schade ist, um nur in einem Facebookkommentar unterzugehen, ich sie jetzt noch einmal in mein Blog kopiere:

Ich denke, es ist wichtig zu fragen, warum Leute lesen bzw. nicht lesen. Nachdem wir in unser neues Haus gezogen waren, lebten wir erstmal auf einer Baustelle mit Bibliothek – keine Küche, kein Kleiderschrank, aber die Bücherwand stand schon (zumindest die ersten sechzig Kisten hatten wir sehr schnell ausgeräumt, für die letzten 30 fehlen uns noch die Regale). Meine Nichte, acht oder neun Jahre alt zu dem Zeitpunkt, sah ein Foto davon, schüttelte sich und sagte: »Ich hasse Bücher«. Ich war, verständlicherweise, entsetzt. Also gefragt warum. Sie fand Lesen schlichtweg anstrengend im Vergleich zu leicher zu konsumierenden Medienformen wie Fernsehen – und offenbar konnten ihr die Bücher inhaltlich keinen Mehrwert bieten, der den Aufwand gerechtfertigt hätte.… Weiterlesen

Nur ein Name?

Es kommt bei mir sehr selten vor, dass während des Schreib- und Überarbeitungsprozesses eine Figur ihren Namen ändert. Bei kleinen Nebenfiguren, für die ich mir spontan einen Namen aus den Fingern saugen muss, passiert es schon mal, dass mir noch etwas Besseres einfällt, und dann gehe ich mit »Suche und Ersetze« ran, aber grundsätzlich hänge ich an meinen Figuren, und meine Figuren an ihren Namen. Eine Hauptperson einfach umtaufen? Das wäre für mich genauso unvorstellbar, wie einem richtigen lebenden Menschen einfach einen neuen Namen zu verpassen. Lustiger Fakt für zwischendurch: Ich hieß selbst nicht immer Ilisch. Auch wenn ich den Namen nach meiner Hochzeit behalten habe – als kleines Mädchen hieß ich noch Maja Schroer, bevor meine Elter eine Änderung des Namensrechts mitgenommen haben, die es ermöglichte, auch den Namen der Frau als Familiennamen zu führen. Ich musste mich also einmal an einen neuen Namen gewöhnen. Nochmal muss echt nicht sein.

Als ich Die Spiegel von Kettlewood Hall konzipierte, sollte meine Hauptfigur noch Cilla heißen, Cilla Harding, aber das wollte irgendwie nicht passen. Ich baute um, machte Cilla zur (verstorbnenen) Mutter meiner Heldin, und nannte sie selbst Isis. Wirklich, ich liebte diesen Namen. Isis Harding, die geborene Heldin eines Gaslichtromans. Der Vorname war eine von vielen kleinen Anspielungen auf Alice im Wunderland – eine, von der ich wusste, dass niemand sie erkennen würde, der nicht selbst ausgewiesener Carroll-Experte ist: Isis ist nicht nur der Name einer ägyptischen Göttin, sondern auch der Name der Themse bei Oxford, wo 1862 die Kahnpartie stattfand, auf welcher der spätere Lewis Carroll den Töchtern seines Dekans von Alicens Abenteuern unter der Erde erzählte.… Weiterlesen

Die Welt im Wohnzimmer

Unterm Strich wünschen sich wohl alle Autoren das Gleiche: Sie wollen Erfolg, sie wollen Leser erfreuen, am besten auf der ganzen Welt. Nicht von ungefähr ist unser langjähriger Trinkspruch »Reich und berühmt!«, und auch wenn ich bis heute nicht behaupten kann, dass der Reichtum auch nur in die Nähe meines Hauses gekommen wäre, oder meines Kontos, bekomme ich gerade einen Vorgeschmack von internationalem Ruhm. Und er schmeckt anders als erwartet.

Ich weiß nicht, wie es meinem Verlag gelungen ist, meine allererste Auslandslizenz ausrechnet für den russischsprachigen Markt zu verkaufen. Als ich von meiner Agentin hörte, dass das Puppenzimmer nach Russland geht, habe ich das für einen Witz gehalten, und danach immer noch für einen Irrtum. Dass ausgerechnet ein Land, in dem jede Form positiver Erwähnung von Homosexualität gesetzlich verboten ist, ein Buch einkaufen sollte, in dem sämtliche Küsse zwischen Frauen ausgetauscht werden, konnte ich mir nicht vorstellen, und ich hatte schon einen Blogartikel darüber geplant, wie ich einmal beinahe den russischen Markt erobert hätte, bis die Verantwortlichen den Roman doch noch bis zum Ende gelesen und ihren Fehler bemerkten – aber stattdessen bekam ich die Kopie eines Vertrags, ich bekam einen Vorschuss, und schließlich bekam ich ein Paket mit fünf dicken Büchern.… Weiterlesen

Rezensieren, Reagieren

Wie ich schon mal früher geschrieben habe, gehöre ich zu den Autoren, die gerne Rezensionen ihrer Bücher lesen, und zwar alle Rezensionen. Ich freue mich über ein Lob, aber ich finde auch kritische Kommentare interessant. Und auch wenn es nicht im meinem Sinn ist, den Lesern nach dem Mund zu schreiben und meine Plots nach Mehrheitsenscheidungen zu stricken, denke ich, dass ein Autor aus Rezensionen eine Menge lernen kann, vor allem, was sich besser machen lässt. Wer pauschal sagt »Der Rezensent hat keine Ahnung!«, »Der versteht mich/mein Genie/Kunst/Nichtzutreffendes bittes streichen nicht«, »Der will mich doch nur schlechtmachen!«, macht es sich zu einfach. Das heißt nicht, dass wirklich jeder Kritiker immer und überall recht hat – aber wenn sich bestimmte Kritikpunkte häufen, sollte das einem Autor zu denken geben.

Als die ersten Rezensionen zum Puppenzimmer eintrudelten, war ich froh über den insgesamt sehr positiven Tenor – es war meine erste Veröffentlichung, meine ersten Rezis überhaupt, und ich hatte keine Ahnung, wie mein verquerer Stil beim Leser ankommen würde. Insofern war es eine positive Überraschung, dass meine Sprache durch die Bank gelobt wurde und sich niemand über meinen antiquierten Duktus oder die Bandwurmsätze aufgeregt hat. An Kritikpunkten kamen vor allem zwei Dinge: Das eine war, dass vielen Lesern der Schluss nicht gefiel.… Weiterlesen

Der November naht – mal wieder

Die Tage werden länger, grauer und dunkler, der November naht, und mich überkommt freudige Erwartung. Das war nicht immer so – früher war dieser Monat für mich eine trübe Zeit, aber vor zehn Jahren änderte sich das auf einen Schlag. Damals, 2006, machte ich zum ersten Mal beim Nanowrimo mit. Ich hatte keine großen Erwartungen, rechnete nicht im Traum damit, ein Ziel von 50.000 Wörtern in einem Monat schaffen zu können, aber ich hatte eine Motivation: Der Rowohlt-Verlag hatte einen Preis für ein phantastisches Jugendbuch ausgeschrieben, den ich unbedingt gewinnen wollte. Ich hatte eine Idee, und das seit August, aber der Einsendeschluss war im Dezember, und ich ging beriets im Sommer nicht davon aus, rechtzeitig fertig werden zu können, und versuchte es dementsprechend gar nicht erst. Dann, irgendwann Ende Oktober, schickte mir meine frühere Mitbewohnerin den Link zur Nanowrimo-Seite, weil sie meine Idee kannte und mochte, und meinte, damit wär doch der Wettbewerb kein Problem mehr – und als ich dann auch noch sah, dass die Filkerin, Autorin und Illustratorin Debbie Ohi einen täglichen Cartoon für den Nano zeichnete, meldete ich mich an.

Der Monat begann, ich kämpfte mit mir, meiner Protagonistin, dem Buch und überhaupt, und hing weit hinter dem Ziel zurück, bis am dritten oder vierten Tag der Knoten platzte, ich 2.800 Wörter an einem einzigen Tag schrieb und damit sowas wie einen Lebenszeitrekord aufstellte, und mein Ehrgeiz war geweckt.… Weiterlesen

Dumm und ungebildet

Ich habe normalerweise kein Problem damit, wenn meine Protagonisten nicht immer die allerhellsten sind. Mir ist wichtig, dass die Leser das Buch selbst für intelligent halten, klug konstruiert, raffiniert, und geistig durchaus herausfordernd. Und natürlich sollen sie auch auf die Idee kommen, dass diese Autorin ein überaus kluger Kopf ist. Aber das geht auch mit Helden, die ein bisschen schwer von kapee sind – sofern sich das die Waage hält. Ich habe intelligente Figuren und solche, die weniger intelligent sind, so wie die Menschheit selbst auch bunt gemischt ist. Mein erster Icherzähler überhaupt, der namenlose Protagonist meiner Kriminalparodie Marlowe, Lime und Co., die ich mit stolzen fünfzehn Jahren geschrieben habe, war ein ausgesprochener Volldepp, und ein großteil des Humors dieser Geschichte und ihrer Fortsetzungen basierte darauf, dass »Co« keine Ahnung hatte, was um ihn herum vorging.

Das gleiche Prinzip hatte ich bei der Gauklerinsel, wo Roashan sich zwar selbst für einen brillianten Verstand hielt, tatsächlich aber nicht die hellste Kerze am Christbaum war – er war durchaus listig, mit einer überlebensfördernden Portion Bauernschläue, aber ihm fehlte die Gabe, Zusammenhänge zu durchschauen, und stolperte im Zweifelsfall über die eigene Selbstüberschätzung. Das war lustig, aber das bedeutet nicht, dass ich mich über weniger intelligente Figuren lustig machen möchte – was Roashan lustig machte, war sein aufgeblähtes Ego, und im gleichen Buch hatte ich mit Maris eine Perspektivträgerin, die eine geistige Behinderung hatte, und an der wirklich nichts zum lachen war – sie war eine herzzerreißend anrührende, vor allem aber starke Person.… Weiterlesen