Eigentlich hatte ich alles minutiös durchgeplant: Wenn die Mohnkinder fertig sind, so der Plan, schreibe ich Geisterlied fertig, was bis Mitte März dauern wird, und dann plane ich in Ruhe Percys zweites Abenteuer, während ich den ersten Band überarbeite. Aber mein Herz ist mir dazwischengekommen. Mein Herz hängt an Percy, und es will ihn nicht einfach so ziehen lassen. Ähnlich ging es mir Anfang 2011, als ich die Gauklerinsel fertig hatte und Abschied nehmen musste von Rosi, vermutlich für immer, und ich habe um das fertige Buch mehr getrauert als mich gefreut. Beim Ende der Mohnkinder habe ich mir so oft gesagt, dass es für Percy ja nicht das Ende ist, dass er wiederkehren wird, aber nach zwei Tagen Arbeit an Geisterlied, von deren Output ich die Hälfte postwendend wieder weggeworfen habe, war mir klar, so geht es nicht weiter. Ich brauche meinen Percy, und ich brauche ihn mutmaßlich dringender als meinen eigenen Partner. Und so habe ich alle Pläne über den Haufen geworfen und – parallel zur Arbeit an Geisterlied, das so oder so fertig werden muss, wenn auch nicht mit zweitausend Wörtern am Tag – habe ich nun, ohne viel Plot, aber dafür hochmotiviert – mit der Arbeit an dem Buch begonnen, das gegenwärtig den Arbeitstitel Schattenfinger trägt.… Weiterlesen
Kategorie: Schreiben
Guter Mohn, du gehst so stille
Und plötzlich ist es aus. Eben noch schreibt man jeden Tag zehn Seiten an seinem Lieblingsbuch, da ist es auch schon fertig. Zugegeben, ich musste in die Verlängerung gehen, denn nachdem ich das Buch für fertig erklärt hatte und das letzte Kapitel an meine Betaleser rausgeschickt, mit dem unbefriedigenden Gefühl, das Ende versemmelt zu haben, bin ich nochmal kritisch über das, was ich geschrieben habe, drübergegangen – und es las sich nicht wie ein versemmeltes Ende. Es las sich überhaupt nicht wie ein Ende. Es war mehr so, als hätte ich meinen Betas eine alte Version des Kapitels geschickt, in dem die letzte, entscheidende Szene noch gar nicht drin was. Was sich beim Schreiben wie ein einigermaßen starker letzter Satz angefühlt hatte, war mehr, als würde man bei voller Fahrt aus einem Eisenbahnwaggon springen und brüllen »Ich bin am Ziel!« – viele Meilen vor dem nächsten Bahnhof. Was für ein Glück! Es gibt Problemszenen, da merkt man nicht so eindeutig, was dran falsch gelaufen ist. So habe ich mich am anderen Tag hingesetzt, noch eine Szene geschrieben, mich gefreut, dass mir Percy noch einen Tag länger erhalten bleibt, und das Kapitel ein zweites Mal an die Betas verschickt. Die ersten Rückmeldungen sind positiv ausgefallen.… Weiterlesen
Tag Sechs: Wenn die Bürger schlafengehn …
Während ich auf Neuigkeiten von meinen Bewerbungen warte, ist es wieder einmal an der Zeit, eine Frage zu beantworten von meinem unendlichen Fragenkatalog:
6. Wo schreibst du am liebsten? Zu welcher Tageszeit? Computer oder traditionelles Schreibzeug?
Früher habe ich alles per Hand geschrieben – zwangsweise, denn ich hatte keinen Computer. Selbst als ich meine eigene Schreibmaschine hatte, habe ich mit der Handarbeit weitergemacht, und das aus zwei Gründen: Zum einen ging das mit der Hand einfach schneller, und zum anderen konnte man den maschinengeschriebenen Text nicht mal eben schnell überarbeiten, erweitern, korrigieren oder ergänzen, so dass sie eigentlich nur für Endfassungen und Reinschriften in Frage kam. Die Anschaffung meines ersten Computers war daher eine Offenbarung. Weil in meiner kleinen Studentenbude noch kein Platz für einen PC vorgesehen war, stand mein gebrauchter 286er auf dem Fußboden, und ich saß im Schneidersitz oder kniend davor und schrieb, sehr konzentriert, sicher auch bequem, aber nicht wirklich ergonomisch. Und doch kommt das dem, wie ich heute schreibe, noch am nächsten.
Inzwischen schreibe ich nämlich am Laptop, und der steht da, wo er hingehört, auf meinem Schoß, auf einem schönen kippelfreien Knietablett. Die Orte, wo ich mich am liebsten mit ihm befinde, sind das Sofa und mein Bett.… Weiterlesen
Puzi, Scherzi, Percy
In der letzten Zeit scheint es bei mir sehr niedlich zuzugehen. Wer mich von meinen Geschichten erzählen hört, stolpert über so knuffige Ausdrücke wie Puzi, Scherzi und Percy. Wer Percy ist, sollte nach fleißiger Lektüre meines Blogs nicht mehr die Frage sein – Percy, mit vollem falschen Namen Percival Jessup, ist ein Gentleman der zwanziger Jahre und Held einer Romanreihe, die man vom Genre mehr als Geiterkrimi denn als Fantasy bezeichnen muss und mehr in der Tradition von Dorothy Sayers und Margery Allingham steht als in der von Tolkien – gut, in Tolkiens Tradition stand ich noch nie, aber die Tendenz sollte damit klar sein. Das erste Abenteuer, die Mohnkinder, ist so gut wie abgeschlossen, der Folgeband, derzeit unter dem Arbeitstitel Schattenfinger geplant, steht in den Startlöchern und wartet nur noch auf ein etwas klareres Konzept, in dem mehr die formalen Aspekte zu klären sind als die inhaltlichen. Ich freue mich schon, mit der Arbeit daran zu beginnen – aber wenn ich alternativ zuerst Scherzi schreiben darf, ist das auch nicht schlecht.
Scherzi ist die Fortsetzung von Puzi, klar, nee? Puzi ist, das sollte nicht schwer zu erraten sein, das Puppenzimmer. Nachdem meine Agentin dem Haus der Puppen diesen neuen Titel verliehen hat – zum einen passt er besser, zum anderen war der erste schon belegt durch einen Dokumentarfilm über Auschwitz, mit dem ich ganz sicher keine Assoziationen haben wollte – war für mich nichts naheliegender, als die Verniedlichungsform einzuführen.… Weiterlesen
Das Leben in der Hand des Gänseblümchens
Wieder einmal ist es soweit, die Arbeit an einem Roman neigt sich dem Ende zu, aber statt dass ich meiner üblichen Buchschlusspanik verfalle und jammere, dass ich meine liebgewordenen Helden verlassen muss, zeige ich mich vor allem unentschlossen. Ich habe noch vier Tage lang zu schreiben, dann bin ich fertig, und eigentlich sollte ich genau wissen, was ich da zu schreiben habe. Aber genau an einer entscheidenden Stelle war ich bis zuletzt unentschlossen: Gibt es ein Happyend, oder gibt es keines? Natürlich, das Wort ‚Happyend‘ ist bei den Mohnkindern so oder so falsch gewählt. Es ändert nichts mehr daran, dass ein kleines Mädchen tot ist und nicht mehr ins Leben zurückgeholt werden kann, egal wie ich mich entscheide. Die Happyend-Frage betrifft in diesem Fall nur das überlebende Mädchen, Laurel. Wird sie lernen, mit dem Tod der Zwillingsschwester zu leben und ein eigenständiges Leben zu führen? Oder lässt sie sich von Ivys Geist überzeugen, dass sie zusammengehören, für immer, und nimmt sich ihr eigenes Leben?
Der eine Schluss ist versöhnlich und hat einen positiven Ausblick, der andere kommt dafür bestimmt überraschender, und ich habe meine Leser immer schon gerne überrascht. Außerdem hatte ich seit der Flöte aus Eis kein trauriges Ende mehr – und das war 1997.… Weiterlesen
Tag Fünf: Ey, Alter!
Wieder einmal ist es an der Zeit, eine der schönen Fragen zu beantworten, die ich noch während meiner Lebzeiten abarbeiten möchte. Und seht nur, ich bin schon bei der Fünften angekommen!
5. Dem Alter nach, wer ist deine jüngste Figur? Die Älteste? Wer ist „am jüngsten“ und „am ältesten“ im Bezug auf den Erschaffungszeitpunkt?
Gerade wollte ich schon behaupten, die kleine Vivian in den Mohnkindern wäre meine jüngste Figur, aber das stimmt natürlich nicht. Die Jüngste ist das Kind in der Gauklerinsel. Es hat über weite Teile des Buches keinen Namen, ganz am Ende nennt Roashan es ‚Sprotte‘, aber das ist eine eher unglückliche Übersetzung von ‚Kipper‘, wie es in den ursprünglich englischsprachigen Roashan-Geschichten hieß. Aber da das Kind noch nicht sprechen kann, ist es ihm vermutlich egal. Es ist ein Säugling von vielleicht einem halben Jahr, was es als allerjüngste Figur vermutlich so lange unschlagbar macht, bis mal eine meiner Heldinnen ein Kind bekommt – wobei mir einfällt, das ist schon passiert, als Hana am Ende von Falkenwinter ihre Tochter bekommt, und so ist Roashans unfreiwillig adoptiertes Kind vielleicht doch nicht das aller-allerjüngste, aber im Unterschied zu Hanas Tochter, die nur einmal erwähnt wird und zweimal durchs Bild getragen, spielt es eine Rolle.… Weiterlesen
Falsche Zähne und der Preis des Lebens
Wenn man einen historischen Roman schreibt, muss man anständig recherchieren, und das gilt auch dann, wenn dieser Roman nur ein Fantasy/Horror/Supernatural-Roman in historischem Gewand ist. Nach wie vor drücke ich mich ja davor, Die Tochter des Goldmachers zu schreiben, einen reinen historischen Roman auf Basis einer von meinen Eltern beim Ahnenforschen ausgegrabenen hochinteressanten Räuberpistole aus dem Jahr 1785 – das liegt nicht mal daran, dass mich das Historiengenre wenig reizt, auch nicht als Leser, oder ich zu faul zum Recherchieren bin, sondern dass ich mit einem phantastischen Roman debutieren will und nicht auf Dauer auf ein mir fremdes Genre festgenagelt werden will. Aber für meine geliebten Mohnkinder recherchiere ich, bis mir die Finger bluten. Denn ich bin, wenn auch glücklich arbeitslos, eine Bibliothekarin, und Recherche steckt mir in den Knochen. Auch wenn das heißt, dass es mir mehr Spaß macht, die Literatur aufzutreiben als sie hinterher durcharbeiten zu müssen – aber was ich für meinen 1921er Spukroman brauche, sind keine dicken Wälzer, sondern ganz ganz viele kleine Details.
Weltpolitisch ist die Zeit für mich keine große Herausforderung. In britischer Geschichte bin ich sehr firm, die Zeit zwischen den Weltkriegen habe ich fürs Abitur gepaukt, und hinzu kommt, dass ich nicht über Königskinder oder Premierminister schreibe, sondern über normale Leute, die relativ wenig mit politischen Entscheidungen zu tun haben, dafür aber um so mehr mit Alltäglichkeiten.… Weiterlesen