Plagiahi, Plagiaho, Plagiahihahoppsassa

Ich habe abgeschrieben. Und es tut mir leid. Es ist bald dreißig Jahre her. Ich war im achten Schuljahr hatte im Englischunterricht eine Sechs geschrieben, sehr zu meinem Leidwesen und erst recht dem meiner Eltern, im Diktat. Zum Glück sollte es die einzige Sechs meiner Laufbahn bleiben, aber die Folgen waren drastisch. Rechtschreibung war noch nie meine Stärke, aber Englisch eigentlich eines meiner Lienblingsfächer, und dann sowas … Meine Mutter hatte den rettenden Einfall: ich sollte englische Texte abschreiben. Aus der Stadtbücherei lieh ich mir ein Drei-Fragezeichen-Buch aus, auf Englisch. Gutsortierte Bücherei war das, und Drei Fragezeichen habe ich schon immer geliebt. Also musste ich jeden Tag eine Seite aus dem Buch abschreiben, um mir die Rechtschreibung einzuprägen.

Ich wollte das Nützliche mit dem Angenehmen kombinieren: In dem Jahr hatte ich gerade meine erste Schreibmaschine bekommen, und es war an der Zeit, richtig tippen zu lernen. Meine Theorie: Wenn ich nach jedem Buchstaben erst eine Minute suchen muss, prägt sich mir die Rechtschreibung doppelt gut ein! Meine Mutter war wenig überzeugt, glaubte sie doch, nur handschriftlich ließen sich nachhaltige Erfolge erzielen, doch die Hauptsache war, ich tat überhaupt was für meine Englischkenntnisse. Gut anderthalb Kapitel habe ich auf diese Weise geschafft.… Weiterlesen

Wat kütt? Dat kütt! IV

Silvester steht vor der Tür – Zeit für meine jährlichen guten Schreibvorsätze, aka. WKDK: Die Liste der Werke-in-Arbeit, die aus dem alten Jahr ins Neue mitgenommen werden. Das heißt nicht, dass die alle jetzt fertig werden müssen – aber zumindest ein paar von ihnen will ich hier in einem Jahr nicht mehr sehen. Namentlich diejenigen, die schon auf meinem letzten, vorletzten und drittletzten WKDK gestanden haben, meinen Schreibvorsätzen für 2011. Die umfassten damals nur sechs Titel – und zwei von denen sind immer noch nicht fertig. Inzwischen ist die Werksliste auf zehn Bücher angestiegen (zwischenzeitlich waren es mal dreizehn …) – und auch wenn ich schon des öfteren gegen meinen Grundsatz verstoßen habe, nur dann etwas Neues anzufangen, wenn auch etwas Altes fertiggeworden ist: Diesmal meine ich es ernst. 2016 gibt es also von mir:

Die Spiegel von Kettlewood
England, 1871. Iris Harding ist erst vierzehn Jahre alt und hat doch schon länger als ihr halbes Leben in der Textilfabrik gearbeitet, als ihre Mutter stirbt und sie noch ärmer als zuvor zurücklässt. Mit einer alten Schachfigur, die sie im Nachlass der Mutter gefunden hat, macht sich Iris auf zum Herrenhaus Kettlewood in Essex, wo die Mutter einmal gearbeitet hat und wo auch Iris‘ leiblicher Vater zu finden sein muss.… Weiterlesen

Nano Nano

Wie in jedem Jahr seit 2006 habe ich auch in diesem Jahr am Nanowrimo, dem (Inter)National Novel Writing Month, teilgenommen, und wie immer seit 2011 mit mehr als einem Projekt: Seit ich mich zur hauptberuflichen Schriftstellerin erklärt habe, ist das Nano-Pensum von 50.000 Wörtern im Monat nicht mehr so ungewöhnlich für mich, und weil ich mich fordern möchte und meine Grenzen ausreizen, verdopple ich und lege einen zweiten Roman drauf. In diesem Jahr waren es die Neuauflage von Lichtland, meiner Nano-Nemesis von 2007, und mein neuer Gaslichtroman Die Spiegel von Kettlewood. Gewonnen habe ich mit keinem von beidem, und statt mit 100.000 Wörtern bin ich »nur« mit knapp 65.000 aus dem Monat gekommen – aber anders als in früherem Jahren, in denen ich mein Ziel verfehlt habe, macht es mir diesmal weniger aus. Ich habe zwei tolle Bücher begonnen, an denen ich jetzt fleißig weiterschreiben werde und zu denen ich sehr positive Rückmeldung bekommen habe: Da sehe ich nicht die 15.000 Wörter, die mir zum Sieg fehlen, sondern die 35.000, die ich habe. Und die kann mir keiner wegnehmen.

Der Neuaufguss von Lichtland stellte sich erst einmal ziemlich sperrig heraus. Da ich den Charakter meiner Hauptfigur Nomi radikal verändert habe, musste ich aufpassen, nicht gleich wieder in alte Muster zu verfallen, und ich musste die ersten Seiten nochmal schreiben, als Nomi sich, kaum dass er den Mund aufmachte, wieder in den arroganten kleinen Schnösel aus der ersten Fassung zu verwandeln drohte.… Weiterlesen

History-Buff oder History-Bluff?

Ich wollte nie historische Romane schreiben, ehrlich. Zum einen ist es ein Genre, dass ich nicht besonders gern lese, zum anderen hat mich die Bandbreite dessen, was man falsch machen kann, schlichtweg abgeschreckt. Als Schülerin hatte ich einmal angefangen, eine Geschichte zu schreiben, in der ein Mädchen aus den Achtzigern/Neunzigern (also damals zeitgenössisch) merkt, dass sie schon einmal in den Zwanzigern gelebt hat – und scheiterte daran, dass ich mir zu unsicher war, wie Menschen in dieser alten Zeit gesprochen haben sollten. Danach ließ ich von allem, was wie ein historischer Stoff aussah, geflissentlich die Hände. Auch, als meine Eltern beim Ahnenforschen auf eine richtig knackige Räuberpistole stießen, die regelrecht danach schrie, zu einem Roman gemacht zu werden, war ich nicht zu erweichen: So interessant der Stoff aus dem Achtzehnten Jahrhundert auch sein mochte, und so leicht sich ein Buch mit dem Titel Die Tochter des Goldmachers auch verkaufen lassen würde – es war einfach nicht mein Genre. Keine historischen Romane für mich, und keine von mir.

Übermorgen beginnt der Nanowrimo, und an den Start geht mein neuer Mystery-Roman. Für Die Spiegel von Kettlewood habe ich das harte Leben der englischen Textilarbeiterinnen im Jahr 1871 recherchiert, unter besonderer Berücksichtigung der Gesetzeslage zur Kinderarbeit und Fragen der allgemeinen Schulbildung.… Weiterlesen

Es werde Lichtland!

Zu den Freuden des Umziehens gehört auch, jedes Buch, das man besitzt, nochmal in die Hand zu nehmen – zweimal sogar, einmal beim ein- und einmal beim auspacken, alle dreitausendfünfhundert Stück. Gestern habe ich meterweise Fantasy ins Regal zurückgeräumt, und da ich sehr viele dieser Bücher Mitte der Neunziger gekauft habe, während meines Studiums, kam mir plötzlich die Idee, selbst noch einmal einen klassischen Fantasyroman im Stil der Achtziger/Neunziger zu schreiben: Bücher, in denen sich eine Heldengruppe quer durchs Land arbeitet, um am Ende einen böse gewordenen Gott zu besiegen und in denen der Küchenjunge in Wirklichkeit ein vertriebener Prinz ist. Aber als ich beim zwanzigsten Regalbrett angekommen war, hatte sich auch diese Idee schon wieder in eine andere verwandelt: Nicht einen Roman aus den Neunzigern will ich schreiben, sondern einen aus dem Jahr 2007. Nicht irgendwas, sondern Lichtland.

2007 habe ich mich im Nanowrimo zum ersten Mal an das Thema »Immerwährender Kampf zwischen Licht und Dunkel« herangewagt, und weil ich keine halben Sachen mache, waren bei mir Licht und Dunkel absolut, mit hellen Ländern, in denen es niemals dunkel wird, und dunklen Ländern, in denen es kein bisschen Licht gibt, es sei denn, man bringt mittels schwarzer Magie aus dem Körper gezwungene Seelen zum Leuchten.… Weiterlesen

F wie Fanfiction

Schon ziemlich lange hatte ich vor, endlich einen Blogartikel über das literarischde F-Wort zu schreiben: Fanfiction. Aber erst jetzt, wo das Blog auf der Seite gelandet ist, auf der Leute nach dieser Info suchen würden, passt es auch zusammen. Dass es tatsächlich schon Fanfictions zu meinen Geschichten gibt, glaube ich nicht – zumindest keine, die irgendwo im Netz veröffentlicht wären – aber zumindest bin ich das schon mal gefragt worden: Ob man zu meinen Geschichten Fanfictions schreiben darf. Auf diese Frage gibt es eine lange und eine kurze Antwort. Die kurze lautet »Ja«. Die lange lautet »Ja, aber«, und die Erklärung dazu folgt hier.

Ich mag das Prinzip von Fanfiction. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich Leser (oder Zuschauer, Spieler, Hörer, etc.) eines Buches, Films, Spiels, einer Band so sehr damit identifizieren, dass sie sich in die Welt hineinversetzen, die Geschichte weiterspinnen wollen. Fans sind etwas tolles, solange sie einem nicht auf dem Klo auflauern, und Fans, die selbst kreativ werden, damit auch nochmal den Ruhm meiner Geschichte in die welt hinaustragen, sind für einen Autor etwas tolles. Ich bin selbst manchmal ein Fangirl. Ich habe selbst eine Fanfiction geschrieben, selbst wenn ich da schon straff auf die vierzig losging und mich gerade als Berufsautorin selbständig gemacht hatte, und mich dabei gefühlt wie ein rebellischer Teenager.… Weiterlesen

Grosse Träume, langer Atem

Als ich meinen ersten Roman fertiggestellt hatte – ein erhebendes Gefühl nach all den Fragmenten, die ich in die Welt gesetzt hatte – wusste ich genau, was mit ihm passieren sollte. Natürlich, ich wollte, dass er veröffentlicht wird, und es war keine Frage, wo. Warum mich mit etwas Geringerem abfinden als dem renommiertesten Verlag für Fantasy und Phantastik, den ich mir nur vorstellen konnte? Ich wollte dahin, wo meine Lieblingsbücher erschienen: Das Letzte Einhorn. Die Brautprinzessin. Gormenghast. Dass der Verlag außerdem die deutschen Rechte an Tolkiens Werken hatte, interessierte mich in dem Moment weniger, aber beeindruckend war es schon – und ehrfurchtseinflößend genug, dass ich wusste, dass ich noch gut genug war. Das Buch musste erst überarbeitet werden, und das war ein Prozess, der sich zwei Jahre lang hinzog. Endlich, 1999, war Eine Flöte aus Eis fertig, überarbeitet, bis zum Glanz poliert, und mit einem Exposée versehen, bereit, nach Stuttgart geschickt zu werden. Die Adresse hatte ich aus dem Verlagsadressbuch Banger, auf das ich als Buchhandelsazubi Zugriff hatte, das Exposee nach bestem Wissen und Gewissen, aber mit wenig Können angefertigt, und dazu gab es das erste Kapitel als Leseprobe, weil in meinem Autorenratgeber stand, dass man nicht das ganze Manuskript schicken sollte.… Weiterlesen