Wat kütt? Dat kütt! VII

Auf den Jahresrückblick für 2021 verzichte ich diesmal großzügig, und zwar aus dem Grund, dass ich 2021 wirklich kontinuierlich und über alles wichtige gebloggt habe und das Jahr mit seinen Höhen (Stipendium) und Tiefen (Hochwasserkatastrophe) gerade nicht noch einmal Revue passieren lassen möchte. Dafür gibt es diesmal zeitnah zum Jahresbeginn einen Ausblick auf meine Pläne für 2021, gute Vorsätze voran. Im vergangenen Jahr habe ich zwar fleißig gebloggt, aber nicht so viel geschrieben wie geplant, und darum ist meine Liste voller alter Bekannter, die schon im Ausblick auf 2021 dabei waren – trotzdem habe ich da den Hattrick geschafft und drei Bücher fertiggestellt, und das gleiche habe ich für 2022 vor.

In Zahlen ausgedrückt: Es ist mein Ziel, dieses Jahr 500.000 Wörter zu schreiben – wenn ich schon scheitern sollte, dann doch lieber an einem großen Ziel, und wenn ich es erreiche, freue ich mich um so mehr. Ich habe dieses Ziel einmal – genau einmal – erreicht, und das war vor zehn Jahren. Aber ich starte dieses Jahr aufgeräumt und guter Dinge und freue mich, noch so viele Ideen in der Hinterhand zu haben. Jedes neue Jahr ist eine neue Chance, und ich habe vor, sie zu nutzen.


Works in Progress

Diese Liste ist voller alter Bekannter – und weil ich 2021 dann doch nicht so viele Bücher wie geplant fertiggeschrieben habe, rutschen die dann einfach mit ins Neue Jahr:

Ein Lied aus Glas

Genre: Clockworkpunk
Ist die Welt nicht schön?… Weiterlesen

Unten angekommen

Bereits im Spätommer hatte ich stolz verkündet, dass von »Unten«, dem dystopischen Kinderbuch mit Nonsense-Elementen (oder umgekehrt) nur noch wenige Seiten Text fehlten, und wie es für mich typisch ist, habe ich für die dann wieder ein bisschen länger gebraucht, weil sich unmittelbar vor dem Schluss noch ein Plotproblem aufgetan hat, für das mir so schnell keine Lösung eingefallen war. Und so gingen die Wochen ins Land, gut ausgefüllt mir Lektorat und Überarbeitung des »Gefälschten Landes« und der Arbeit an der »Neunten Träne«, und ich dachte zwar ab und zu daran, dass ich mir versprochen hatte, »Unten« fertigzustellen, bevor das Jahr herum ist, aber es fehlte ja nur noch so wenig, kein Grund, mir Sorgen zu machen, und plötzlich hatten wir das vierte Adventswochenende, und ich hatte das Buch noch nicht einmal wieder angesehen.

Aber während ich an meinem Ausblick auf 2022 saß und auflistete, an welchen Büchern ich dann zu arbeiten gedenke, tauchte »Unten« in der Liste nicht mehr auf – wirklich, ich hätte mich gechämt, ein Buch, das wahrscheinlich nur noch eine einzige Schreibsession erfordert, mit ins neue Jahr zu nehmen, allein der Listeneintrag hätte länger gedauerte als das Fertigschreiben, und dann kam auch, auf den letzten Drücker, ein Aha-Moment, und ich verstand, dass ich mein vermeintliches Plotproblem nur von der völlig falschen Seite betrachtet hatte.… Weiterlesen

Nach dem Nano

Das Highlight meines Schreibjahres, jedes Jahr aufs Neue, ist der National Novel Writing Month (Nanowrimo). Seit 2006 habe ich jedes Jahr teilgenommen und bis auf dreimal auch das Ziel erreicht, 50.000 Wörter in dreißig Tagen zu schreiben. Es geht für mich um mehr als die Wortzahlen: Der Nano ist mein Kaltstart, wenn der Rest des Jahres nicht gut gelaufen ist, lässt mich Kraft tanken und mit Elan ins neue Jahr starten. Und wenn das Jahr gut gelaufen ist, bekomme ich erst recht Schwung fürs Neue. Es geht mir nicht nur um Produktivität, es geht um den nackten Spaß am Schreiben, darum, mich immer wieder aufs Neue daran zu erinnern, warum ich das hier überhaupt mache.

Versteht mich nicht falsch, ich bin gerne Schriftstellerin, es gibt keinen Beruf, den ich lieber hätte, aber die Wirklichkeit des Autorenalltags klafft doch oft sehr weit auseinander mit dem, wie man sich das vorstellt, statt Schreiben stehen oft andere Sachen zu sehr im Fokus, Verkaufszahlen, Rezensionen, Marketing – und manchmal braucht man eine Zeit, in der sich einfach alles nur noch um das Schreiben dreht. Dafür brauche und liebe ich meinen Nanowrimo. Und für dieses Jahr hatte ich mir wieder Großes vorgenommen. Seit ich mich als Berufsautorin selbständig gemacht habe, muss ich auch im Rest des Jahres oft Nanopensum schreiben, und der Nano soll etwas Besonderes bleiben: Deswegen schreibe ich seit 2011 jedes Jahr den Doppel-Nano, gehe mit zwei Romanen an den Start statt nur mit einem, und habe im Idealfall auch den doppelten Spaß.… Weiterlesen

Weltverlust II

Mehr als drei Monate ist es jetzt her, dass das Hochwasser über meine Stadt hereingebrochen ist. Die Nachrichten sind weitergewandert, und wenn man dort doch noch etwas über die Katastrophe und ihre Aufarbeitung findet, bekommt man den Eindruck, sie hätte sich ausschließlich im Ahrtal ereignet – und ja, da sind die meisten Menschen gestorben, da sind die Schäden am größten, anderswo war es wohl nicht so schlimm, aber von welchen Dimensionen reden wir hier? In Stolberg, fernab der Ahr, am Vichtbach, sind Tausende von Wohnungen unbewohnbar, Menschen ohne Heizung, ohne Strom, ohne Obdach.

Wir haben Oktober, es ist kalt, und die Häuser schimmeln. Schutt türmt sich am Straßenrand. Ganze Straßenzüge bestehen aus Häusern ohne Fenster, mit offen klaffenden Schaufenstern oder vernagelt mit Brettern. Mit seltsamer Routine fahre ich mit dem Ersatzbus zum Bahnhof, die Regionalbahn wird frühestens 2023 wieder fahren, und dann auch erstmal nur provisorisch. Wenn ich zur Apotheke muss, fahre ich zehn Minuten mit einem anderen Bus oder mit dem Auto – früher waren fünf Apotheken fußläufig erreichbar, alle wurden zerstört. Lebensmittel bekommen wir auch nur mit dem Auto. Unsere tapfere Buchhandlung hat wieder geöffnet, ebenso wie mein Fitnessstudio, das aber nur auf Umwegen zu erreichen ist. Der Metzger hat aufgegeben.… Weiterlesen

Das, was war, und das, was bleibt

Ich habe ein wirklich gutes Gedächtnis. Das kommt mir sehr entgegen, wenn es darum geht, Liedtexte zu behalten, und Shakespeares »Hamlet« kann ich in weiten Teilen auswendig – aber wo es um meine Depresisonen geht, kommen die Erinnerungen, um mich in den Hintern zu beißen.

Meine Kindheit und Jugend war, alles in allem, schön, mit einem verständnisvollen Elternhaus und drei Geschwistern, mit denen ich mich unterm Strich gut verstanden habe, mit vielen Möglichkeiten, mich zu entfalten und der Freiheit, meinen Weg zu gehen, mit der freundlichen Hilfestellung, außerdem etwas Richtiges zu werden, weil ich Schriftstellerin immer noch werden kann, und ich bin es geworden. Ich habe viele wirklich schöne Erinnerungen, auf die ich zurückblicken kann – doch wenn es drauf ankommt, dann passiert das Gegenteil.

Immer, wenn ich es nicht brauchen kann, kommen die Erinnerungen hoch, die ich am liebsten vergessen würde. Die Male, in denen ich gemobbt wurde, mich habe schikanieren lassen, die falschen Entscheidungen getroffen … Man kann leicht denken, das Problem bei Depressionen sind die Schmerzen, die man im Leben ausgestanden hat, die Traumata, die man erleiden musste, aber bei mir geht es immer um etwas anderes: Um mein eigenens Versagen. In meinen Erinnerungen bin ich nichts, bin ich wertlos.… Weiterlesen

Stipenditastisch!

Ich habe im Leben an diversen Schreibwettbewerben mitgemacht. 1987 habe ich für einen Wettbewerb des WDR eine neue Pippi-Langstrumpf-Geschichte geschrieben, an der ich wochenlang gearbeitet habe, dann mein handschriftliches Original eingereicht und natürlich weder gewonnen, noch die Geschichte zurückbekommen. 1995 habe ich beim Gedichtwettbewerb unserer Lokalzeitung immerhin den zweiten Platz gemacht, war aber von fünf Preisträgern die einzige, deren Gedicht dann nicht in der Zeitung abgedruckt wurde.

1999 fiel ich hinreichend auf die »Nationalbibliothek des Gedichts« herein, um dort ein wirklich gut geratenes Werk einzureichen und war am Ende unter den Gewinnern eines Sachpreises (eine Hörbuch-CD) und einer salbadernden Jury-Expertise, aber immerhin klug genug, mir nicht die völlig überteuerte Anthologie mit allen drölfzigtausend Beiträgen zu kaufen (hinter der Aktion steckt ein bekannter Druckkostenzuschussverlag, aber ich musste zumindest nichts bezahlen für diesen sehr kurzen Ruhm).

Außerhalb von Gedichten war meine Wettbewerbausbeute … nichtexistent. Ich gewann weder den Wolfgang-Holbein-Preis 2000, noch den Heyne Magischer Bestseller 2010. Beim Seraph, beim Phantastikpreis, bei allen anderen Schreibwettbewerben und Auszeichnungen schaffte ich es nicht mal auf die Shortlist, und selbst die Longlist habe ich üblicherweise verfehlt. Aber auch wenn ich nie auch nur einen Blumentopf gewonnen habe, hält mich das nicht davon ab, es trotzdem immer wieder zu versuchen.… Weiterlesen

Der Romanfriedhof: »Wo ist dein Schädel, Mädel?«

Heute geht der Rückblick auf meine gescheiterten Werke zurück ins Jahr 1993, als ich, gerade volljährig geworden, Ideen hatte, aber keinen Geschmack. Der Hintergedanke ist schnell erklärt: Wenn Terry Pratchett der »Douglas Adams der Fantasy« (unter diesem Slogan wurde er seinerzeit tatsächlich vermarktet) war, wer war dann der Douglas Adams des Krimis? Mir erschien der Posten vakant, und in meinen Augen hatte ich die besten Voraussetzungen, diese Marktlücke zu füllen.

Immerhin waren meine allerersten abgeschlossenen, wenn auch kurzen, Werke Kriminalparodien. Ich hatte so viele Krimis gelesen, wie das irgendwie möglich war, ich kannte alle Versatzstücke und Klischees des klassischen Krimis, und dass ich witzig sein konnte, das hatte ich zumindest mir selbst bewiesen – aber einen richtigen, ernsten Krimi hatte ich, trotz vieler Ansätze, noch nie fertigbekommen. Zuletzt hatte ich »Alibi für einen Geist« zu Grabe getragen, und ich wollte dringend endlich einmal einen Roman fertigstellen. Wenn es mit ernsten Krimis nicht klappte – dann musste ein witziger Krimi die Lösung sein!

Aber mit Witz allein war es nicht getan. Ich wollte subversiv sein, meinen richtig finsteren schwarzen Humor auspacken, und den zahllosen Klischees begegnen mit einem Detektivduo, wie es noch nie jemand gesehen hatte. Nach dem Fiasko mit dem »Alibi«, das an der völligen Charakterblässe seiner Hauptfiguren krankte, wusste ich, dass ich Helden von Format brauchte.… Weiterlesen