Vor einem Jahr hatte ich einen gewonnen Nanowrimo in der Tasche und konnte mich nicht darüber freuen. Dabei hätte ich allen Grund gehabt, stolz auf mich zu sein: Nicht nur hatte ich in einem Monat knapp über 50.000 Wörter an meiner »Neunten Träne« geschrieben – ich hatte parallel dazu im gleichen Monat auch noch das gesamte Lektorat des »Gefälschten Landes« absolviert. Es hatte mich kräftemäßig in die Knie gezwungen, das schon, meine Energie war noch nie überragend, aber ich hatte trotzdem all das bewältigt, ohne mich davon kleinkriegen zu lassen … Und doch war ich am Boden. Ich hatte den Nanowrimo gewonnen, aber etwas für mich viel, viel wichtigeres verloren: Die Kunst zu schreiben. Und ich war überzeugt, sie so schnell nicht wiedergewinnen zu können.
Den Schuldigen hatte ich schnell im Verdacht. Im gleichen Herbst war die Medikation für meine Schizophrenie umgestellt worden, von dem Mittel, das mich zehn Jahre lang aus dem Biorhythmus rausgekickt hatte zu einem, mit dem ich einen regelten, fast schon normalen Tagesablauf fahren konnte: Nun fürchtete ich, für diese Normalität den für mich höchsten Preis gezahlt zu haben. Meine Phantasie war versiegt. Ich hatte keine Ideen mehr. Und wo sonst im Nanowrimo ein Einfall den nächsten jagt, schindete ich einen Monat lang nur Wörter auf Basis von einem groben Plotkonstrukt, das ich Monate vorher geplottet hatte.… Weiterlesen