Deutschland, deine Dicken

Was macht der dicke Mensch, der dringend abnehmen muß? Richtig: Er schaut fern. Das deutsche Fernsehen beschert mir gerade eine Sendung, die mir das Gefühl gibt, eine schlanke Grazie zu sein, weil die Menschen, die dort gezeigt werden, noch viel dicker sind als ich. Und wenn die mal nur noch soviel wiegen wie ich, sind die richtig glücklich. Ich sollte also zufrieden sein mit dem, was ich habe. Aber ich bin ja für Fernsehmüll immer zu haben, und von den Gerichtsshows brauche ich dringend eine Pause, also gibt es derzeit für mich The Biggest Loser, ein besonders perfides Format, das von sich behauptet, seine Kandidaten nicht vorzuführen, sondern ihnen in einer Notlage zu helfen. In Wirklichkeit werden hier kranke, hilflose Menschen ausgenutzt im Namen der Quote und vermeintlicher Aufklärungs- und Aufrüttlungsarbeit und machen das alles auch noch freiwillig, in dem Glauben, ihre letzte Chance überhaupt zu nutzen.

Wer wissen will, wie diese Sendung funktioniert und um was es geht, der findet im Netz eine Menge an Literatur und Kritiken, und ich habe keine Lust, hier zu wiederholen, was zig Leute vor mir geschrieben haben. Nein, ich bin ein Fernsehjunkie der besonderen Art. Ich schaue nicht nur die dritte Staffel Biggest Loser und habe auch schon die ersten beiden Staffeln gesehen.… Weiterlesen

Autorenstimmen

Worauf ich mich besonders freue am Irgendwann-doch-mal-veröffentlicht-sein, ist das Geld. Nicht mal das Geld, das ich dann damit verdiene – das kann ich auch jeden Tag als Bibliothekarin, und vermutlich mit einem besseren Stundenlohn – sondern das Geld, das andere Leute dann für meine Werke zu zahlen bereit sind. Was für ein Unterschied zu jetzt, wo ich mich und meine Geschichten anpreisen muß wie Sauer Bier, um ab und zu mal einen Leser zu finden! Aber veröffentlichte Autoren liest man für Geld, und man hört ihnen zu. Das ist vielleicht das Beste: Autorenlesungen. Andächtige Bewunderer füllen den Saal, alle Augen liegen auf dem Autor, ein letztes Räuspern, ein erster Applaus, und dann erhebt er die Stimme…

Letzten Donnerstag hatte ich das Vergnügen, die allererste Autorenlesung meiner Freundin Grey, die mit der Blutgabe, zu besuchen. Es war vielleicht ein bißchen wahnsinnig, an einem Donnerstagnachmittag nach der Arbeit von Aachen nach Bielefeld und zurpck zu fahren, und das auch noch mit einem Partner, der am anderen Morgen die Frühschicht hat, aber es hat sich allemal gelohnt. Schön, stimmungsvoll, und Gummivampire gab es auch noch – und die Lesung habe ich genossen, wenn es auch ein bißchen schade war, daß Grey eine Szene vorgelesen hat, die ich nicht nur schon kannte, sondern sogar schon mal vorgelesen bekommen hatte.… Weiterlesen

Roashans Eleven

Nach der Pflicht bin ich jetzt bei der Kür angelangt. Geigenzauber ist raus, ich konnte es zum Stichtag fertig überarbeitet bei der Agentur abgeben und habe danach drei Kreuze geschlagen, so wenig Spaß hatte ich am Überarbeiten selten. Je weiter ich vorgedrungen war, desto schlechter erschien mir das Buch, und selbst jetzt noch fällt es mir schwer, mir vorzustellen, daß irgend ein Verlag das drucken wollen könnte. Aber damit ist die Arbeit noch nicht getan, da ist immer noch die Gauklerinsel, und auch die will ich vor der Buchmesse noch aufhübschen. Natürlich, zum richtigen Überarbeiten reicht die Zeit nicht, das habe ich mit den ersten drei Kapiteln gemacht, um eine brauchbare Leseprobe zu haben, aber über den Rest soll doch zumindest schon mal die Rechtschreibkorrektur drübergelaufen sein.

Aber welch ein Unterschied! Jeder Satz, jede Zeile, die ich dabei lese, erfüllt mich mit Begeisterung. Ich brenne darauf, dieses Buch überarbeiten zu können, alle sechsunddreißig Kapitel, alle achthundertvierzehn Seiten; wenn ich könnte, würde ich es glatt nochmal schreiben, nicht weil es dann soviel besser würde, aber um nochmal diesen Spaß am Schreiben zu verspüren und diesen Stolz, was das Ergebnis angeht. Schon will ich alles Schreiben sein lassen für die Zukunft, ich habe das Gefühl, nichts von dem, was ich zur Zeit und auch zukünftig produziere reicht an dieses Meisterwerk heran.… Weiterlesen

Der eigene Name, gedruckt!

Ich habe diesen Traum, und ich bin nicht allein damit: Ich möchte etwas in der Hand halten, wo mein Name steht, gedruckt. Das ist schon immer so und ist mit mir gewachsen: War es in der Unterstufe noch ein Umdruckerabzug eines Märchens, das ich geschrieben hatte, oder später die fotokopierten Exemplare von Marlowe, Lime & Co., die ich in sagenhafter Auflage von fünfzehn Stück an Mitschüler und Lehrer verkauft habe, oder diese ganz besondere Ergriffenheit, als ich 1995 meinen ersten eigenen Tintenstrahldrucker hatte und plötzlich einen qualitativ hochwertigen Ausdruck meiner damaligen Geschichten, oder 2006 die Bücher, die von lulu.com gekommen sind… Aber irgendwann reichte das nicht mehr, wie ein Junkie, der immer höhere Dosen braucht, mußten auch die Drucke und die Auflagen immer besser werden. Und damit wächst auch automatisch der Frustfaktor – es ist nur halb im Scherz, wenn ich mich als ‚Puffmutter der deutschen Fantasy‘ bezeichnet, always bridesmaid, never a bride…

Aber jetzt habe ich gleich zwei Dinge in der Hand, wo ich meinen Namen gedruckt sehen kann und denken, ab und an mal Brautjunger hat auch was für sich. Das erste ist mein Exemplar von Franka Rubus Blutgabe, in dem nicht nur eine Widmung der großartigen Grey drinsteht, für mich ganz persönlich, sondern auch mein Name im Druck, Vor- und Nachname, bei den Danksagungen.… Weiterlesen

KorrekTortourLesen

Überarbeiten ist etwas, das ich gerne langsam angehe und dann gründlich mache. Meinen Erstling Eine Flöte aus Eis habe ich zweieinhalb Jahre lang überarbeitet, ehe ich es dem ersten Verlag angeboten habe, und die deutlich dickere Spinnwebstadt habe ich in fast fünf Jahren dreimal von vorn bis hinten korrigiert, gut fünfzehn Prozent gestrichen und ein ganzes Kapitel neu geschrieben, und am Ende das Buch nur deswegen eingereicht, weil es für den Heyne-Wettbewerb war und ich es endlich mal aus den Füßen haben wollte. Aber das ist das Tempo, in dem ich sowas gern mache, gemächlich und gründlich. Und auch für Geigenzauber wollte ich alles richtig machen. Ich hatte einige tolle Betaleserinnen um mich geschart, denen die Idee gefiel und die mir mit ihren Tips helfen sollten, drei Überarbeitungsgänge in einem zu machen, denn daß ich diesmal keine drei Jahre warten wollte, das stand fest. Nein, das Ziel ist Leipzig 2011.

Aber dann fingen die Probleme an. So kurz nach der Fertigstellung war die Geschichte noch nicht gesackt genug, als daß ich mit der nötigen Distanz drangehen konnte, also ließ ich es erstmal noch einen Monat liegen, sammelte die Rückmeldungen der Betaleserinnen ein und versuchte dann, voll durchzustarten. Aber was eine geniale Hilfestellung sein sollte, hat mich letztlich kalt erwischt.… Weiterlesen

Zuviel, zuviel, zuviel

Wenn es nach mir ginge, könnte jeder Tag nochmal sechs Stunden mehr haben, und die würde ich zum Schlafen verwenden. Ich geb es ja nur ungern zu, aber ich habe mich übernommen, und das merke ich gerade aufs Schmerzlichste. Damit meine ich nicht meine Versuche, die Fitness zu steigern – auch wenn ich am Sonntag bei meinem ersten Kurs schon während der ersten Viertelstunde Aerobic kollabiert bin und mit puterrotem Kopf auf dem Rücken endete, pumpend wie ein Maikäfer – auch wenn das natürlich bei meinem Problem mitmischt, denn auch das Workout kostet Zeit. Vor allem aber habe ich mit den Resultaten einer schriftstellerischen Fehlentscheidung zu kämpfen, und daß es noch früh im Jahr ist, macht das nicht besser.

Fakt ist, ich hätte niemals ein Jahresziel von 500.000 Wörtern wählen dürfen. Ich hätte auf die warnenden Stimmen hören sollen und auf diejenigen meiner Mitstreiter vom letzten Jahr, die im Vergleich zu 2010 ihr Ziel reduziert haben, weil das, was sie in dem Jahr geschrieben haben, ja auch noch überarbeitet werden muß. Aber nein, die kleine Maja war ja der Ansicht, daß sie eine Herausforderung braucht, und das Überarbeiten läßt sich doch bequem nachmittags beim Fernsehen erledigen… Das habe ich nun davon.… Weiterlesen

Der Speck muss weg

Bereits im Dezember habe ich angekündigt, dramatisch abnehmen zu wollen, und seither habe ich glorreich ungefähr zwei Kilo verloren. Nicht weltbewegend, wirklich, vor allem, wenn man bedenkt, daß man Nicht-Diät-haltender Freund im Vergleichszeitraum an die sieben Kilos verloren hat. Bei höherem Ausgangsgewicht, aber trotzdem, das wurmt. Aber wer sich nicht bewegt, so wie ich normalerweise, der nimmt auch nicht ab. Und weil meine Gesundheit gefährdet ist, mache ich jetzt Nägel mit Köpfen: Ich habe mich in einem Fitness-Studio angemeldet. Mehr noch: Ich war sogar schon mal da.

Heute wurde ich also auf meine Ausgangssituation untersucht. Da galt es, die Pobacken feste zusammenzukneifen und die harten Wahrheiten zu schlucken – nach zehn, fünfzehn Jahren ohne sportliche Betätigung, wo soll ich da Fitness hernehmen? Der Körper ist eingerostet und unbeweglich, das wußte ich ja, aber das Schlimmste war die Körperfettmessung. So schön konnte ich mir immer einreden, daß das doch bestimmt alles Wassereinlagerungen wären, nur wegen der Medikamente, die sind Schuld… Nein, sind sie nicht. Und das ist kein Wasser. Mit einem Anteil von 46% steht mein Körperfett kurz vor der Regierungsbildung. Zum Vergleich: In meiner Altersgruppe zählt alles über 29% als schlecht. Und diesen Wert übertreffe ich nochmal um die Hälfte. Positiv formuliert: Ich habe eine Menge Potenzial fürs zukünftige Training.… Weiterlesen

Gelb und grün

Plötzlich hat sie mich gepackt, die Eifersucht, getroffen wie ein Tritt in meine allerheiligsten Eingeweide und vor allen in mein menschliches Selbstverständnis. Seit Jahren predige ich das Prinzip des Gönnens unter Autoren, getreu dem kölschen Motto »Man möht och jünne künne.« Ein Vertrag eines anderen Autors bedeutet nicht, daß ich selbst keinen bekommen werde, und wenn der Autor mit dem Vertrag auch noch ein Freund ist, was gibt es besseres, als sich gemeinsam zu freuen? Und es hat immer geklappt, neidlos habe ich beklatscht, wie meine liebsten und besten Freunde in den tollsten Verlagshäusern untergekommen sind, und nie kam dabei ein anderes Gefühl auf als Freude – bis auf jetzt. Plötzlich. Heimtückisch. Aus heiterem Himmel.

Was ist geschehen? Ich habe nach Franka Rubus gegoogelt. Die gibt es in Wirklichkeit nicht, nicht unter dem Namen jedenfalls, das ist nämlich Grey, und ich habe sie sehr lieb. Ich freue mich darauf, daß bald – unter dem erwähnten Pseudo – ihr Vampirroman erscheint, ihr erster veröffentlichter Roman, und ich wollte wissen, ob auch schon anständig Werbung dafür gemacht wird. Und dann sah ich es: Franka Rubus liest aus „Die Blutgabe“ – ein Link auf eine leere Seite beim Aufbau-Verlag, offenbar ein Platzhalter für wenn sie wirklich auf Lesereise geht, nichts Wildes und erst recht nichts Schlimmes – aber es traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel.… Weiterlesen

Du wachst auf. Du fühlst dich scheisse.

Als ich noch ein aktiver Teilnehmer an Rollenspielconventions war, gab es einen Standardanfang für spontan zusammengewürfelte Gruppen, die ohne Plot und Plan zu spielen anfingen: »Du wachst auf. Du fühlst dich scheiße.« Lange Einführungen und Charakterbauen entfielen, wer man war, wußte man nach dem Aufwachen sowieso nicht, und während die Spieler litten, konnte der Spielleiter immer noch in Ruhe überlegen, was denn nun genau passieren sollte. Und abgesehen davon, daß die letzten Tage für mich tatsächlich so begonnen haben – ehrlich, ich fühle mich keinen Deut besser als Anfang Dezember, traue mich aber nicht, mich wieder richtig krankschreiben zu lassen, weil ich um eine Verlängerung meiner Stelle fürchte – konnte ich das Prinzip jetzt endlich mal wieder zum Schreiben nutzen.

Mir fehlt meine Gauklerinsel. Mir fehlt der Spaß, mir fehlen die Figuren, mir fehlt aber vor allem das spontane Drauflosschreiben, mit dem dieses Buch einst begonnen hat – damals, als die ersten Geschichten um Roashan entstanden, wachte er auf und fühlte sich scheiße, und während er mit seinem Gedächtnisverlust kämpfte, konnte ich in Ruhe überlegen, was genau ihm den widerfahren war. Alles weiter, der Plot, die Verschwörer, etc, das entstand erst viel später. Am Anfang war das Buch nur ein namenloses Spaßprojekt.… Weiterlesen

Minus ein Ruinensammler

Ich habe dann gestern doch noch geschrieben, weil es besser ist, das Pflaster schnell abzureißen, statt sich lange den Qualen und Herzschmerzen hinzugeben – früher oder später werde ich ja doch wieder anfangen müssen. Und weil ich dachte, es tut gut, mal etwas ganz Neues zu schreiben, wenn ich schon das Alte fertig habe, habe ich mir den Ruinensammler vorgenommen. Wir erinnern uns: Das ist einer von drei Kandidaten für den freigewordenen Romanplatz, und ich habe vor, zu allen dreien ein Probekapitel zu schreiben, um mich leichter entscheiden zu können. Ein Probekapitel später kann ich sagen: Der Ruinensammler ist raus.

Es war ein besonders ambitioniertes Projekt, mit dem ich nicht mehr und nicht weniger als den Roman revolutionieren wollte: Es gibt Tagebuchromane. Es gibt Briefromane. Dies sollte der erste Blogroman werden, komplett mit Kommentaren und Spam. Die Handlung ist schnell erzählt: Lydia, die Fliedermaus, betreibt ein Blog über leerstehende Gebäude, Robert alias Feenfürst fotographiert Ruinen. Gemeinsam reisen sie in Deutschlands Mitte, um beiderseits der ehemaligen Grenze der jüngeren Geschichte in Form von Leerstand nachzuforschen, doch nach und nach begreift Lydia, daß ihre Internetbekanntschaft kein Mensch ist, sondern ein Geist, der sich von den Erinnerungen alter Häuser ernährt. Soweit, sogut. Das Dumme ist nur: Es funktioniert nicht.… Weiterlesen