Alles eine Frage der erzähl:perspektive

Autoren, die sich eine Agentur suchen wollen und im Vorfeld nach Erfahrungsberichten googeln, finden sehr häufig: nichts. Zu den schwarzen Schafen der Branche findet man einiges, insbesondere nachdrückliche Warnungen, aber Autoren, die mit ihren Agenten zufrieden sind, genießen schweigend. Nein, das stimmt auch wieder nicht: Wenn man Google Books nach Danke + Agenturname durchsucht, findet viele liebevolle Worte, mit denen erfolgreich vermittelte Autoren ihre Agenten in der Danksagung bedenken, und auch ich habe mich da zu solchen Begeisterungsstürmen hinreißen lassen, dass mein Lektor, sicherlich mit hochgezogener Augenbraue, zurückschrieb, er habe noch nie eine so lange Danksagung gelesen (okay, das war nicht alles nur für meine Agenten, aber trotzdem). Bloß, kaum jemand kommt auf die Idee, Danksagungen zu durchsuchen, und in regulären Googleergebnissen tauchen die nicht auf. Deswegen kommt hier, anlässlich des zehnten Jahrestags unseres Erstkontakts, meine Erfahrungen mit der Agentur erzähl:perspektive, Klaus und Michaela Gröner, München.

Anfang Dezember 2008 arbeitete ich als Bibliothekarin in der Aachener Unibibliothek, und als ich dort in der Teepause am Nachmittag (heimlich) meine privaten Mail abrief, fand ich da eine mit dem Betreff »Agenturanfrage«. Ich brauchte einen Moment, um sie als das, was sie war, zu verstehen: Ja, da fragte eine Agentur per Mail mich, die Autorin, an, ob sie mich vertreten dürfte.… Weiterlesen

Zwei Päckchen nach Stuttgart

Genau neunzehn Jahre ist es her. Am 27. November 1999 stand ich in der alten Post im Kölner Hauptbahnhof, dort wo heute die Buchhandlung Ludwig ihren Laden hat, früh am Morgen, noch ehe meine Arbeit als Buchhandelsauszubildende anfing, und schickte hämmernden Herzens ein Paket nach Stuttgart. Der Inhalt: ein Packen Papier, eine halbe Patrone Druckertinte und all meine Hoffnungen. Die Fantasy-Lektorin bei Klett-Cotta hatte nach Lektüre von Exposée und Leseprobe meines Debütromans »Eine Flöte aus Eis« das Gesamtmanuskript angefordert, und das weniger als eine Woche nach Einsendung. Dass das ganz unerhört großartig war, das wusste ich.

Wie selten es wirklich vorkommt, dass Lektoren nach so einer unverlangten Einsendung überhaupt das Manuskript anfordern, konnte ich noch nicht erfassen, das kam erst nach und nach, viele kommentarlose Ablehnungen später, aber damals, im November 1999, hatte ich gerade meine allererste Verlagsbewerbung überhaupt abgeschickt, an den einen Verlag, bei dem ich unbedingt veröffentlicht werden wollte. Im Nachhinein kann schwer nachvollziehen, was die Lektorin in meiner Leseprobe gesehen hat. Oder in dem Exposée. Wirklich, das Exposee war graußlich! Und das Buch, so sehr ich es auch liebte, so gut auch wieder nicht. Ehrlich, ich würde in der gleichen Situation wahrscheinlich eine kommentarlose Absage rausschicken, aber die gute Frau forderte das Manuskript an, und auch wenn sie es ein halbes Jahr später dann doch ablehnte, konnte ich noch Jahre später davon zehren.… Weiterlesen

Ein Buch mit Sieben Siegeln

Im April 2011 erklärte ich nach gut einjähriger Arbeit meinen High-Fantasy-Roman Das gefälschte Siegel für fertig. Im Dezember 2014 verkündigte ich freudig, dass ich für diesen Roman einen Verlagsvertrag unterschrieben habe – und das bei nichts geringerem als meinem absoluten Traumverlag, wo ich bereits 1999 versucht hatte, meinen Erstling unterzubringen, und es danach immer und immer wieder versucht hatte, bis es dann mit meinen Fälschern endlich klappen sollte. Und seitdem hülle ich mich, was das Gefälschte Siegel angeht, in Schweigen. Ist der Vertrag geplatzt? Ist das Buch längst erschienen, und ich habe es nur niemandem verraten? Die Antwort ist simpler und komplizierter zugleich, aber die Zusammenfassung davon lautet: Ich schreibe gerade Das gefälschte Siegel.

Warum das? Ganz einfach. Das Buch, das ich vor sieben Jahren geschrieben habe, ist nicht gut genug. Damals war es sicherlich mit das Beste, was ich zustandebringen konnte, aber damals war ich sieben Jahre jünger, hatte noch nichts veröffentlicht, noch nie mit einem Lektor gearbeitet, und konnte vieles von dem, was ich heute kann, noch nicht. Und die Überarbeitung, die ich vorgenommen habe, um das Buch dann drei Jahre später dem Verlag anzubieten, verdiente letztlich diesen Namen nicht: Damit meine Agentin es noch zur Frankfurter Buchmesse mitnehmen konnte, habe ich im Harzurlaub jeden Abend zwei Kapitel durchgeacktert – mehr als eine sprachliche Politur war damit nicht möglich, aber eine sprachliche Politur war auch genau das, was ich mir unter einer Überarbeitung vorstellte.… Weiterlesen

Wat kütt? Dat kütt! V

Seit bald zwölf Jahren führe ich ein Schreibblog, und irgendwann habe ich mir angewöhnt, das neue Jahr mit einem Ausblick auf meine Projekte zu beginnen, an denen ich zu schreiben gedenke. Das ist üblicherweise eine Aufzählung meiner Werke in Arbeit mit dem Vermerk, was davon mit welcher Priorität gefälligst endlich fertig werden soll. Bloß, irgendwie ziehen sich durch die letzten Jahre die immer gleichen Titel, ohne dass sie jemals fertig gewordnen wären. Ich bin eine Autorin mit vielen Eisen im Feuer und mit vielen neuen Ideen. Ich schreibe immer noch genug fertig, um eine Schublade voller durchaus gelungener Manuskripte zu haben und meine Agentin immer etwas von mir anzubieten hat. Aber ich schreibe gerne ohne den Zwang, dass ein Buch wirklich unbedingt bis dann-und-dann fertig zu sein hat. Meine Bücher müssen das Recht haben zu scheitern, das Recht zu ruhen.

Die Spiegel von Kettlewood Hall auf Basis von Exposée und Leseprobe zu verkaufen, hat mir vor Augen geführt, dass etwas, das für andere Autoren wunderbar klappt, nicht automatisch auch für mich existiert. Nicht die Deadline war das Problem, aber dass der Plot gezwungen war zu funktionieren, die Figuren gezwungen zu kooperieren. Ich konnte das Buch nicht einmal ein halbes Jahr oder drei beiseitelegen und etwas anderes schreiben.… Weiterlesen

Fisher, Fisher, welche Fahne weht heute?

»Du musst unbedingt Miss Fisher sehen!«, haben meine Freunde gesagt. »Du findest doch die Zwanziger so toll!« Ich nicke dann immer nur weise. Wenn mir jemand ein Buch, einen Film, eine Fernsehserie empfiehlt, ist das eigentlich ein Garant dafür, dass ich dann einen Bogen darum mache – ich fühle mich dann vorbelastet, kann nicht unbefangen an das Thema rangehen, sondern stehe unter Druck, das Empfohlene auch zu mögen, um nicht den Empfehler zu enttäuschen. Und toll finde ich die Zwanzigerjahre auch nicht. Ich halte sie für eine hochinteressante Epoche – eine Zeit der Narben, eine Zeit des Umbruchs, in der die Welt auf den Abgrund zusteuert. Eine Zeit des Aufbäumens und Abstürurzens. Seit inzwischen sechs Jahren habe meinen Zwanzigerjahre-Geisterjäger Percy, habe sehr viel über die Ära recherchiert, und natürlich interessiert mich eine in dieser Zeit spielende Krimiserie dann doch.

Miss Fisher’s Murder Mysteries vereint damit zwei Spezialgebiete von mir: Klassische Krimihandlung mit akribisch recherchiertem historischen Setting, liebevoller Ausstattung, und bezaubernden australischen Akzenten. Und da ich ein Netflix-Abo habe: Was spricht dann dagegen, mir einfach die ganze Serie, alle drei Staffeln, am Stück reinzuziehen? Die Serie selbst spricht dagegen. Sie hat mich einfach nicht überzeugen können. Fünf Folgen habe ich durchgehalten. Danach hatte ich genug.… Weiterlesen

Autorkorrektur

Mein neuer Roman, Die Spiegel von Kettlewood Hall, erscheint im April, und nachdem ich monatelang stillhalten musste, darf ich das Cover jetzt endlich stolz herzeigen. Auch in den verschienen Onlineshops ist das Buch jetzt gelistet und vorbestellbar – wenn man es findet, heißt das. Denn zumindest bei Amazon gibt es da ein Problem: meinen Namen.

Ich bin daran gewöhnt, dass Menschen meinen Namen falsch schreiben, falsch aussprechen, oder beides. Im Laufe meines Lebens habe ich jede Variation von Ilisch, Illisch, Illich, Illitsch, Ilic, erlebt. Einmal bekam ich ungefragt einen neuen Sozialversicherungausweis auf den Namen Llisch zugeschickt und sollte dann nachweisen, dass ich nicht wirklich so hieße (wobei meine Frage, wie sie dann ohne Nachweis meinen Namen ändern konnten, unbeantwortet blieb). Als mein erstes Buch herauskam, habe ich mich gefragt, wie schlau es ist, unter einem Namen zu veröffentlichen, den so viele Leute falsch schreiben, aber es ist mein Name, ich heiße gerne so, und wenn es eine Möglichkeit ist, ihn mit seiner richtigen Schreibweise bekanntzumachen, dann ist das Veröffentlichen von hoffentlich-bald-Bestsellern genau der richtige Weg. Ich konnte nicht ahnen, dass nicht falsche Schreibweisen mein Problem werden würden, sondern richtige.

Sucht man bei Amazon nach »Maja Ilisch Spiegel von Kettlewood Hall«, landet man auf der Detailseite, auf der man das Buch vorbestellen kann.… Weiterlesen

»Ich hasse Bücher!« II

»Immer weniger Deutsche lesen Bücher (egal ob gedruckte oder digitale)«, schreibt der dotbooks-Verlag auf seiner Facebookseite, und »Was ist eurer Meinung nach die beste Leseförderung?«. Und da fällt mir natürlich sofort wieder meine Nichte ein, dieses blitzgescheite, phantasievolle kleine Mädchen, das mit Büchern nichts anfangen kann. Nur, dass ich es diesmal, nachdem mein erstes Entsetzen zwei Jahre Zeit zum Sacken hatte, stattdessen an einer Analyse versuche. Und weil mir die zu schade ist, um nur in einem Facebookkommentar unterzugehen, ich sie jetzt noch einmal in mein Blog kopiere:

Ich denke, es ist wichtig zu fragen, warum Leute lesen bzw. nicht lesen. Nachdem wir in unser neues Haus gezogen waren, lebten wir erstmal auf einer Baustelle mit Bibliothek – keine Küche, kein Kleiderschrank, aber die Bücherwand stand schon (zumindest die ersten sechzig Kisten hatten wir sehr schnell ausgeräumt, für die letzten 30 fehlen uns noch die Regale). Meine Nichte, acht oder neun Jahre alt zu dem Zeitpunkt, sah ein Foto davon, schüttelte sich und sagte: »Ich hasse Bücher«. Ich war, verständlicherweise, entsetzt. Also gefragt warum. Sie fand Lesen schlichtweg anstrengend im Vergleich zu leicher zu konsumierenden Medienformen wie Fernsehen – und offenbar konnten ihr die Bücher inhaltlich keinen Mehrwert bieten, der den Aufwand gerechtfertigt hätte.… Weiterlesen