Weltverlust

Eine knappe Woche, nachdem die Flutkatastrophe meine Heimatstadt in Trümmer gelegt hat, sollte man meinen, dass der Verstand endlich anfängt, das ganze zu verarbeiten und zu realisieren, was da alles passiert ist, aber das Gegenteil ist der Fall. Ich sitze in meinem gutbeleuchteten Haus, kann warm baden und das Internet nutzen, und was da nur hundert Meter entfernt von meiner Haustür liegt, fühlt sich völlig unwirklich an, und ich mich völlig stumpf.

Eine seltsame Form des Alltags hat uns wieder. Wir kochen unser Trinkwasser mit einer Selbstverständichkeit ab, als hätten wir das schon immer getan – so wie man sich auch nicht mehr vorstellen kann, einmal ohne Maske auf die Straße gegangen zu sein. Wir leben, als wäre nichts passiert, aber alle digitalen Uhren in unserem Haus blinken und zeigen die Zeit an, als am Samstag der Strom wieder angestellt wurde, wir haben keine von ihnen gestellt, Zeit ist so unwirklich wie alles andere. Ich weiß nicht, welchen Tag wir haben, aber wie viele seit der Flut vergangen sind: Sechs.

Es ist alles nicht wirklich. Am Anfang von »Per Anhalter durch die Galaxis« ist eine Stelle, wo Arthur Dent versucht, die Zerstörung der Erde zu verarbeiten. Er ruft sich vor Augen, was alles nicht mehr existiert, und als er bei Amerika angekommen ist, kommt er zu dem Schluss, dass er an die Existenz Amerikas sowieso nie geglaubt hat.… Weiterlesen

Mit uns die Sintflut

Mittwochnachmittag saß ich an meinem Computer, dachte mir nichts Böses, als plötzlich der Strom ausfiel. Und es war nicht nur mein Arbeitszimmer, oder nicht nur unser Haus: Es war die ganze Straße, mindestens. Nicht, dass das zum ersten Mal passiert wäre: Wir wohnen seit Herbst 2015 in Stolberg, und seitdem hatten wir bestimmt schon zwei größere Stromausfälle. Lästig, weil man nicht einfach eben die Sicherung einschalten kann, sondern warten muss, bis das Stellwerk oder wo auch immer der Fehler passiert ist das wieder hinbekommen hat.

Weil der ganze Tag schon dunkel und verregnet war, wie auch die Tage davor, setzen wir uns ins Wohnzimmer, zündeten ein paar Kerzen an und warteten. Ich versuchte, mit dem Handy über Twitter, Facebook etc herauszufinden, was passiert war und vor allem, wie schnell es vorbeisein würde. Aber das Netz war auch tot. Mein Mann, der einen anderen Telefonanbieter hat, hatte mehr Glück, und plötzlich war unser Stromausfall das kleinste Problem. Unser Ort wurde gerade überschwemmt.

Es hatte Warnungen gegeben. In den letzten Tagen hatte NINA, die Was-will-sie-jetzt-schon-wieder-Katastrophen-Warn-App, mehrmals gepiepst. Aber NINA piepst viel, seit Covid angefangen hat, und ich maß dem keine große Bedeutung vor. NINA warnte vor Regen – braucht man dafür eine Warn-App?… Weiterlesen