Eigentlich kann ich die Uhr danach stellen: Immer, wenn ich es gerade am allerwenigsten brauchen kann, kommt eine neue Idee, die, statt sich artig hinten an und dann erst vorzustellen, gleich mit der Tür ins Haus fällt und geschrieben werden will, jetzt, sofort, unbedingt. Ich sag ja gar nichts dagegen, aus einem paar dieser Ideen sind tolle Bücher geworden, und es ist mir immer noch lieber, zu viele Ideen zu haben als zu wenige. Aber eigentlich brüte ich immer noch über Kettlewood, und dazu kommt, dass diese neue Idee mit einem Protagonisten im Gepäck kommt, der auf Machtspielchen besteht, bevor er auch nur seinen ersten Auftritt hinter sich hat. Sandro weiß genau, was ich zu schreiben habe. Sandro will Sex. Sandro ist sehr präzise, was er gerne hätte. Sandro will einen Blowjob. Und damit deckt er sich mit meinen Vorstellungen zu exakt null Prozent.
Die Geschichte dahinter liebe ich. Sie ist doppelbödig und vielschichtig, spielt mit Traum und Wirklichkeit, hat dafür einen so eng begrenzten Spielort, wie ich ihn seit der Gauklerinsel nicht mehr hatte, ermöglicht mir, meinen Figuren wilde Drogen zu verabreichen, und hat das Zeug dazu, endlich der Gaukler-Nachfolger zu sein, nach dem ich seit fünf Jahren suche: ein Buch, an dem ich zehn Jahre lang schreiben kann und das mich immer noch nicht wieder loslässt, eines, das in einer Stadt spielt, in der ich jede Straße und jede Gasse und jeden Menschen kenne, eins, das es nicht eilig hat, dafür aber um so hartnäckiger ist – und leider auch eines, für das sich kein gescheiter Titel findet.… Weiterlesen